Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Duden / Beispiele / 10. sich bedanken
 

  < zurück erweiterte Suche Seite drucken
 

10. Die deutsche Selbstbedankung 

 

Weitere Erläuterungen zur Selbstbedankung nach deutscher Art

Die sinnwidrige Dankesfloskel "ich bedanke mich" ist seit vielen Jahren üblich. Sie paßt sehr gut zu dem Bedürfnis, sich geschraubt auszudrücken. Eine Notwendigkeit  ist nicht erkennbar, die klassischen deutschen Dankesworte "ich danke", "vielen Dank", "herzlichen Dank", "ich danke ihnen" mit den sich einander widersprechenden Formulierungen "ich bedanke mich" und selten "ich bedanke dich" als Synonyme in einen Topf zu werfen, etwa um die Sprache zu bereichern. Über eine derart auffällige Inkonsequenz müssen sogar Ausländer, die Deutsch lernen, den Kopf schütteln, wenn sie die absurde Sinnverschmelzung der Verben mit entgegengesetzter Dankes-richtung lernen sollen. Analog bestände kein Unterschied darin, ob der Arzt sich oder den Patienten behandelt, ob ich mich begieße oder die Blumen. So weit mir bekannt ist, ist die deutsche Sprache die einzige auf der Welt, in der man beim Danken das Gegenteil von dem sagen darf und vorwiegend sagt, was gemeint ist. Die Sprache eines Volkes ist ein oft gepriesenes hohes Gut. Kann es dann angemessen sein, widersinnige Redewendungen nur deshalb zu tolerieren, weil angeblich gewußt wird, was damit gemeint ist? Diese sich weiter ausbreitende Gewohnheit anzunehmen, etwas so und nicht so gemeint zu haben, ist die Folge der nachlassenden Fähigkeit, Gedanken und Gefühle auszusprechen. Sie sollte geübt, nicht gebremst werden.

Weder im Jahre 1934 in "Der Große Duden, Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter" noch in der "Grammatik der deutschen Sprache" (1935) gab es einen Eintrag für "bedanken". Erst 1947 tauchte in "Rechtschreibung der deutschen Sprache und der Fremdwörter" die Selbstbedankung auf mit dem Eintrag: "bedanken - sich bedanken, sei bedankt, habe Dank," wiederholt im gleichen Titel von 1954. Spätestens seit 1966 widerspricht die Selbstbedankung der vom Duden in der Grammatik veröffentlichten

Regel: "Bei reflexiven Verben zielt das Geschehen definitionsgemäß nicht auf ein Wesen oder Ding außerhalb des Subjekts, sondern verbleibt im Bereich des Subjekts, was durch das Reflexiv-pronomen nachdrücklich unterstrichen wird."

Der Dank bleibt also beim (sich) Dankenden, Analoges geschieht mit dem Geschenk, mit dem ich mich beschenke. Betrachte ich nun das transitive Verb "(jmdn.) bedanken", dann gilt dafür wie für alle transitiven Verben definitionsgemäß:

"Das von ihnen bezeichnete Geschehen ist auf das Akkusativobjekt als Zielpunkt einer Handlung gerichtet und vollzieht sich an ihm." Bezogen auf "bedanken": Der Dank wandert zum Objekt, also dorthin, wo der Dank in der Regel hin soll.

Es gibt eine weitere Möglichkeit, die der Duden ungenutzt läßt, eine semantisch richtige Begründung für die Wendung "sich bedanken" zu geben. Warum er es unterläßt, sie in die Darlegungen zum Präfix "be-" einzubeziehen (Grammatik 1966 und 1998) ist unverständlich. Wie dort ausführlich erläutert wird, bezeichnet das

Präfix "be-" allgemein die zeitlich begrenzte Einwirkung auf eine Sache oder eine Person (begießen, bekämpfen). Auf diesem Wege entwickelte sich die transitivierende Wirkung des Präfixes, die neben Dingen oft auch Personen zu Objekten macht (eine Straße) begehen, (einen Witz) belachen). Die Wendung "bedanken" könnte ohne weiteres unter

1., vom Substantiv Dank abgeleitet, und unter 3., vom Verb danken abgeleitet, aufgeführt werden. In der reflexiven Form (sich bedanken) gäbe es analog den Wortbildungen "sich bekleiden" und "sich beschmieren" einen Sinn. Schließlich ließe sich die Wendung "sich bedanken" auch unter die reziprok gebrauchten Verben einordnen, indem z. B. zwei Menschen "sich gegenseitig bedanken"  (Grammatik 1998).

Wenn sich der Duden dem Sprachdiktat des Volkes beugt und die Selbstbedankung dokumentiert, obwohl er manche Bildung (z. B. "sich bedanken"), die

er selbst (der Lexikograph) vielleicht überflüssig findet, die aber dennoch lebendig ist, Teil des deutschen Wortschatzes ist und also Eingang in ein Wörterbuch finden muß

(so die Sprachberatungsstelle in einem Antwortscheiben an ich), warum fügt er der sinnwidrigen Dankesfloskel "sich bedanken" im Wörterbuch nicht wenigstens den sachgerechten Hinweis an, "die umgangssprachliche Form widerspricht der Regel"? Das wäre glaubhaft und könnte im Laufe der Zeit dazu führen, die Sprechblase zu entlüften. Im Gegensatz zur Behauptung im Schreiben der Sprachberatungsstelle, der Duden würde sich jeder Kritik enthalten, kennt er diese Art der Beurteilung und er wendet sie auch an, z. B. in "Hauptschwierigkeiten ..." (1965), auch "Wörterbuch der Zweifelsfälle" genannt, wo er die Bildungen von "unverzichtbar" und "unsinkbar" kurz und bündig als "falsch" bezeichnet.

Weitere Beispiele



zum Seitenanfang < zurück Seite drucken