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Duden / Beispiele / 2. Verhunzung
 

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2. Der Duden als Mithelfer beim Verhunzen der deutschen Sprache


  

Laut Bekunden der Sprachberatungsstelle wird im Zweifelsfall nicht das im Duden aufgenommen, was richtig ist, sondern was im Volk gesprochen wird. Diese Arbeitsmethode duldet ausnahmslos alle Arten und leider auch Unarten von Veränderungen der Sprache. Sie fördert und bestärkt aber auch die ohnehin steigende Tendenz, sich unklar und widersprüchlich auszudrücken und die oft stotternde Rede mit nichtssagenden Floskeln und Sprechblasen zu füllen. Ich habe für diese schwammige Ausdrucksweise das Wort Schwammdeutsch gewählt. Eine Liste mit Schwamm-wörtern und -begriffen wird ständig erweitert. Vor kurzem forderte Dagmar Deckstein in der Süddeutschen Zeitung "eine Sprachhülsen-Verpackungsverordnung, die schwadronierende Sprachmüllverursacher zur rückstandslosen Rücknahme ihrer Plastikwörter verpflichtet."

Die Sprachberatungsstelle wies mich auf das

Dilemma des Lexikographen hin, der sich zwischen dem tatsächlichen Sprachgebrauch und der semantisch richtigen Definition entscheiden muß. Angeblich würde der semantische Unterschied, z. B. zwischen den Wörtern mehrfach und mehrmals von den Sprechern kaum noch wahrgenommen. Aus diesem Grund mögen manche Wörterbuchartikel widersprüchlich, ungenau oder "umgangssprachlich" formuliert scheinen. Ferner sei es nicht die Aufgabe der Dudenredaktion, "den konsequent wiedergegebenen Sprachzustand als "verfallend" zu kritisieren".

Demnach ist auch dem Duden nicht entgangen, daß die deutsche Sprache verfällt. Er sieht keine Veranlassung, diese Entwicklung zu beanstanden. Er schaut ungerührt und ohne Verwertung seiner angepriesenen Sachkompetenz zu, wie die Sprache nicht nur mit Anglizismen überhäuft, sondern auch, einen synergetischen Effekt erzeugend, mit haarsträubenden Wort- und Begriffs-konstruktionen verhunzt wird. Es stört ihn nicht, daß der Inhalt einer Rede/Schreibe unverständlich ist, so daß Dolmetscher oft nicht wissen, was sie übersetzen sollen. Der Duden unterstützt sogar wider besseres Wissen das sprachliche Verschleiern von Sachverhalten und schlägt semantische Purzelbäume, um den veröffentlichten Unsinn zu begründen. Auch die von vielen sprachbewußten Bürgern wegen der vielen Ungereimtheiten abgelehnte Rechtschreibreform konnte er gar nicht schnell genug in neuen Ausgaben der Wörterbücher vertreiben.

Es trifft insb. nicht zu, wie die Sprachberatungsstelle behauptet, daß in den Wörterbüchern nur die Schlampereien der Standard- und Umgangssprache dokumentiert würden. Obwohl angeblich "alle Fachtermini in den zahlreichen und verschiedenen Wörterbüchern des Duden sorgfältig formuliert und anhand von Fachpublikationen überprüft würden" sind es gerade verschiedene Wortbildungen, die zwar in der Umgangssprache üblich sind, die aber in Fachartikeln jeder Art wegen ihres vom Duden mitverursachten Mißbrauchs das Verständnis erschweren, wenn nicht verhindern (siehe Abschnitte 4. bis 7.).

Wer nicht die Hoffnung aufgegeben hat, die Dudenfachleute würden doch wenigstens inoffiziell bemüht sein, dem allgemeinen rein deutschsprachigen Sprachverfall Einhalt zu gebieten, der dürfte nach Kenntnis der Aussage vom ehemaligen Dudenchef Günther Drosdowski völlig resignieren. So diene die vom Duden geführte sog. Sprachsünderkartei dazu, "Hinweise zu liefern, um die grammatikalischen Normen neu zu bestimmen".

Im Jahre 1988 beklagte Drosdowski in seiner Broschüre "Ist die deutsche Sprache noch zu retten?" den Verfall unserer sprachlichen Fähigkeiten, unsere Einstellung zur Sprache würde sich negativ ändern und der Umgang mit ihr würde verkommen. Statt mit dem geballten Fachwissen und den Vervielfältigungsmöglichkeiten den Grund zur Klage wenigstens abzuschwächen hat die Dudenredaktion am Sprachverfall kräftig mitgewirkt, und tut es immer noch; denn abgesehen vom stillen Betrachten der wachsenden Sprachmüllhalde befestigte ihre teils kritiklose teils nachlässige Sprachdokumentation gerade auch das, was notwendig wäre, geändert zu werden. Und solange sie weiterhin primär nur Statistik betreibt, hat sie weder das Recht noch Veranlassung, den Verfall der Sprache zu beklagen. Bei allem Respekt vor dem häufig hoch gehaltenen und verteidigten Wandel der Sprache, er sollte da begrenzt sein, wo Veränderungen der Sprache zu Lasten der Verständlichkeit und der Ausdruckskraft gehen. Bequemlichkeit und Nachahmung sind die billigsten und aktivsten Helfer, die Sprache mit einem Gemisch aus unsinnigen Floskeln und unklaren Wortbildungen zu verunstalten. Entwickler von Sprachkomputern klagen über die mangelnde Sprachkenntnis der Menschen, so daß der Rechner nicht feststellen könne, wovon die Rede ist. Dolmetschern ergeht es nicht anders. Es braucht sich dann niemand zu wundern, wenn Deutsch z. B. im Wissenschaftsbereich zunehmend auch deshalb durch Englisch ersetzt wird.

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