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Sprache / Rechtschreibreform / Berichte bis 2002 / 4. Die Rechtschreibreform
 

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Die Rechtschreibreform
 eine Posse nach deutscher Art


Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung - Darmstadt   

gab mit ihrer Erklärung vom 26. Juli 2000 die Meinung der meisten Deutschsprechenden wieder:

„Die Akademie würde es begrüßen, wenn Zwischenstaatliche Kommission und Duden bereit wären, mit dem Rückbau der Rechtschreibreform zu beginnen. Es sei höchste Zeit!
“Die in zahlreichen Publikationen zum Ausdruck kommende Unsinnigkeit, Widersprüchlichkeit und Unverständlichkeit vieler der neuen Regeln ist für den sensiblen Leser schwer erträglich. Hausorthographien verringern zwar manchen Schaden, tragen aber in ihrer Vielfalt zur Verwirrung bei. (Die vollständige Erklärung)

In einer weiteren Erklärung vom 3. August 2000 appellierte die Akademie an alle Zeitungen, Verlage, Betriebe und staatliche Stellen, der Rechtschreibreform endlich, und ohne lange zu fackeln, das wohlverdiente Ende zu bereiten:

“Diese Reform war von Anfang an eine Mißgeburt. Man braucht das nicht eigens zu begründen. Das einhellige Votum der führenden Fachleute, wonach sie auf den Schrotthaufen gehöre, genügt. Doch kann man auch die von den Ministern eingesetzte Kommission zitieren, für die wesentliche Änderungen der Reform „unumgänglich notwendig“ sind. mehr

Als einzige große deutsche Tageszeitung ist die Frankfurter Allgemeine Zeitung dieser Aufforderung gefolgt.

DIE ZEIT, der SPIEGEL und die Süddeutsche Zeitung und andere schrieben und schreiben „pflichtbewußt“ in uneinheitlich reformierter Schreibung.

Auch Wissenschaftler und Vereine wandten sich gegen die Reform mit Aufrufen, Artikeln, Vorträgen und Leserbriefen

Die F.A.Z. fragte in einem Kommentar (16.02.2004) Wann endlich bringt ein Politiker den Mut auf, sich für das Ende des Rechtschreibwahnsinns einzusetzen?

Prof. Theodor Ickler wies in zahlreichen Veröffentlichungen auf die Unstimmigkeiten der und Verwirrungen durch die Rechtschreibreform hin, z. b. über den "Beirat". Mit seinem „Rechtschreibwörterbuch“ versucht er den Ratlosen zu helfen. Ein Tag vor der Tagung der KMK antwortet er im „Tagesgespräch“ des Bayerischen Rundfunks auf Fragen von Anrufern zur Reform.

Der Verein für deutsche Sprache und Sprachpflege setzte sich ebenfalls seit Beginn der Reformbestrebungen für die Beibehaltung der bisherigen Rechtschreibung im Internet ein.

Ende Mai 2004 nahme die Zahl der Artikel zur Rechtschreibreform und das Auftreten von ihren Kritikern zu. Anlaß war die Konferenz der deutschen Kultusminister Anfang Juni, die "über die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung beschließen werde." So endete das letzte vor diesem Datum herausgegebene Bulltin der Konferenz, von Thomas Steinfeld in der SZ vom 25. Mai als "beinahe trotzig wirkend" bezeichnet. Steinfeld fragte, über welche Rechtschreibung denn endgültig entschieden werden solle. Denn offenbar gäbe es, seitdem die "Zwischenstaatliche Kommission für die deutsche Rechtschreibung " im Februar ihren vierten Bericht vorgelegt hatte und in der Öffentlichkeit auf Kopfschütteln, ja Fassungslosigkeit gestoßen war, noch allerhand zu bedenken und zu erwägen. (Die Reform: Überflüssig und verfehlt.)

Am 26. Mai 2004 schrieb die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung einen Brief an die Kultusministerkonferenz, die Anfang Juni über die Neuregelung einen „endgültigen“ (?) Beschluß fassen wollte. Die Akademie bedauert darin die Ignoranz der Mitglieder der Konferenz gegenüber ihren Vorschlägen zu Reform, die wunschgemäß und rechtzeitig vorgelegt worden waren. mehr

Die KMK ist überhaupt nicht befugt, der deutschen Bevölkerung vorzuschreiben, wie sie zu schreiben habe. Eine solche Anmaßung ist nur in Diktaturen verbreitet.

Im Feuilleton der F.A.Z. am 03. Juni 2004 wandte sich Horst Haider Munske, emeritierter Professor für Germanische und deutsche Sprachwissenschaft und Mundartkunde an der Universität Erlangen-Nürnberg, gegen die Rechtschreibreform. Die F.A.Z. kommentiert den Artikel kurz.

Am 4. Juni 2004 veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung eine erstaunlich heftige Kritik der erwarteten Billigung der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung durch die Kultusministerkonferenz

(Ignoranz, Dummheit, freche, hoffärtige, rücksichtslose Dreistigkeit, gegen den Willen der Bevölkerung, gegen die Interessen der Schriftsteller und Wissenschaftler, gegen die erklärten Interessen aller Akademien). Hierzu mehr

Man traute seinen Augen nicht, das zu lesen. Heuchelei oder Schizophrenie? Ausgerechnet die SZ, die eine der schnellsten war, die die bisherige Schreibung aufgegeben hatte und die sogar die in bisheriger Schreibung gehaltenen Leserbriefe zensiert und in die reformähnliche Neuschreibung umsetzt.

Stellungnahme von Präsident Klaus Reichert, Prof. Dr., für das Präsidium der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung:

„Der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung liegt die Beschlußvorlage zur Neuregelung der Rechtschreibung vor, über die in der Sitzung der Kultusministerkonferenz am 3. und 4. Juni befunden wird und deren Annahme bereits öffentlich angekündigt wurde. Die Kultusministerkonferenz wird demnach dem 4. Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung zustimmen. Die Akademie nimmt dazu wie folgt Stellung: mehr
Darmstadt, den 4. Juni 2004

dpa-Meldung am 4. Juni: Die KMK hat beschlossen, daß die Rechtschreibreform an den deutschen Schulen wie geplant zum 1. August 2005 verbindlich wird.

Es bleibt also dabei, wie Thomas Steinfeld in der Wochenendausgabe vom 5./.6. Juni der SZ ("Flucht ins Unverbindliche") schreibt, "Wer in eine deutsche Schule geht, wird auch künftig anders schreiben müssen, als es alle namhaften deutschen Schriftsteller tun. ....... Die Kultusminister hoffen, dass (!) entweder die Gewöhnung an den Unsinn oder die Verwirrung einen solchen Grad erreichen, dass (!) niemand mehr weiß, wo ihm der Kopf steht." Hoffentlich schaffen sich da auch die Mitarbeiter der SZ rechtzeitig ein zuverlässiges Ortungssystem für ihren Kopf an.

In einer SZ-Glosse heißt es unter dem Titel „Odyssee im Sprachraum“, Untertitel „Deutschland im Jahr 2020:
"Jeder schreibt, wie er will. Da greift ein Minister die Initiative und erfindet die Rechtschreibreform“. Der angeblich fundamentale Einfall des Ministers besteht in dem Vorschlag, grundsätzlich alles „aus ein an der zu schreiben“, auch z. B. „Steuer frei Beträge“ und „Druck er Zeugnisse“. Die Autoren haben offensichtlich übersehen, daß diese chaotische Schreibweise in Annäherung schon jetzt in ihrem Blatt praktiziert wird.

Hätte die SZ wenigstens spontan verkündet, nach dem Wegbereiter der unsinnigen Reform nicht weiter ihr Verfechter zu sein und ab sofort wieder die bisherige Rechtschreibung anzuwenden.

Es bleibt nur zu hoffen, daß die weitergehenden Bemühungen der Reformgegner Erfolg haben werden, indem sie einen „Ruck“ in den Druckmedien und der Bevölkerung auslösen.

 



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