Gehirn&Geist 7-8/2009 Seite 3 Editorial: Übersicht zu den ganz großen Fragen
Die jüngsten Reformen im Schulwesen wie die Einführung des achtjährigen Gymnasiums (G8) haben aus vielen Familien "Zeitverwertungsgemeinschaften" gemacht. Aufstehen, Frühstück, Schule, verspätetes Mittagessen, Hausaufgaben, Musikstunde, Abendbrot, Üben, Schlafen, Aufstehen ... Viele Eltern planen den Alltag ihres Nachwuchses schon im Vorschulalter penibel durch. Die Folge: Kinder haben heute viel weniger Zeit zum freien Spielen als noch vor einer Generation. Und auch wie sie diese nutzen, hat sich geändert. Besonders auf Jungen üben neue Medien wie Internet und PC-Games große Anziehungskraft aus. Für ungeregeltes, fantasiebetontes Spielen mit Freunden bleibt da kaum Platz.
In dieser Situation wirken psychologische Befunde über den Wert des »Freispiels« so der Fachbegriff wie Nadelstiche. Manche Forscher schlagen regelrecht Alarm, andere weisen nüchtern darauf hin: Freies, assoziatives Spiel ist eminent wichtig für eine gesunde Entwicklung. Es hilft Kindern, besser mit Stress und Ängsten umzugehen; es fördert langfristig die mentale Gesundheit; es hilftProblemlösestrategien zu entwickeln, stärkt die Kreativität und soziale Kompetenz. Die Botschaft der Wissenschaftler lautet: Wenn Kinder ohne Anleitung spielen und toben, fördert das ihr Lebensglück bis ins Erwachsenenalter!
Was macht das Spielen ohne Regeln so wertvoll? Fest steht: Ungezwungenes Spielen ohne klares Ziel und ohne Vorgaben hilft Kindern, neue Handlungsweisen und Rollen auszuprobieren. Sie erkunden das Unerwartete. Dadurch entwickeln sie wichtige soziale und kommunikative Fähigkeiten. Studien deuten konkret darauf hin, »dass Spielen die Entwicklung höherer Gehirnareale anregt, die mit Emotionen und sozialem Lernen zu tun haben«, berichtet Melinda Wenner in ihrem Überblicksartikel ab S. 40.
Doch nicht nur Kinder profitieren vom freien Spielen. Auch Erwachsene können ihr Denken damit beflügeln und Erschöpfungszuständen vorbeugen. Hier knüpft eine neue Behandlungsmethode an die Spieltherapie (S. 44), welche das Selbstkonzept von Patienten stärkt, damit sie Traumata und persönliche Krisen besser bewältigen.
Das Leben ein Spiel? Das wäre eine zu simple Formel. Aber vielleicht gelingt es uns ja, den Wert des Spielens neu zu entdecken!
Herzlich Ihr gez. Carsten Könneker
6 » Leserbriefe kostenfrei
Geistesblitze
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Psychologie
14 » Die Psyche fährt mit Laut Verkehrspsychologen sind Monotonie, Ablenkung und Aggressivität die größten Gefahrenquellen im Straßenverkehr. Technische Hilfsmittel wie Navigationsgeräte erhöhen zwar den Fahrkomfort - bergen aber auch neue Risiken
20 » Wenn Sammeln Leiden schafft Leseprobe kostenfrei Es gibt mindestens 300 000 "Messies" in Deutschland. Jeder Gang zum Papierkorb ist für sie ein Kampf - denn die Betroffenen fühlen sich all ihren Besitztümern emotional stark verbunden. Was steckt hinter der fatalen Sammelsucht?
27 » "Einmal kann man sich doch irren!" Etwa jedes dritte Kind pflegt zeitweise eine Freundschaft, die nur in der Fantasie existiert. Anlass zur Sorge ist das aber nicht, erklärt die Entwicklungspsychologin Inge Seiffge-Krenke von der Universität Mainz. Im Gegenteil: Die erfundenen Gefährten zeugen von Kreativität und helfen ihren Erfindern dabei, schwierige Lebensphasen besser zu bewältigen.
Spezial
28 » Aus Mangel an Gefühlen Psychopathen empfinden weder Furcht noch Mitgefühl und besitzen oft außerordentliches Manipulationstalent. Forscher sind den biologischen Wurzeln auf der Spur und entdeckten eine Reihe von Hirnanomalien sowie "Risikogene" bei vielen Betroffenen
36 » "Gewalttaten lassen sich nicht verlässlich vorhersagen" Aus einem Hirnscan auf das Rückfallrisiko eines Täters schließen zu können - das nennt der Psychiater Henning Saß vom Universitätsklinikum Aachen eine "naive Hoffnung". Entscheidend sei nicht die Biologie, sondern deren Auswirkung auf das Erleben und Verhalten
Titelthema
40 » Der Unernst des Lebens Auch Kinder haben mittlerweile volle Terminkalender - für "freies Spiel" ohne Vorgaben bleibt immer weniger Zeit. Psychologen sehen das mit Sorge: Denn Spielen stärkt nicht nur die Kreativität und sprachlichen Fähigkeiten der Kleinen - es macht aus ihnen auch glücklichere Erwachsene
44 » Die Seele entlasten - mit Spieltherapie Der Pädagoge Herbert Goetze von der Universität Potsdam erklärt, wozu eine Spieltherapie gut ist: Sie lindert nicht nur psychische Leiden, sondern lässt Patienten zwanglos Spaß haben - und das allein ist schon viel wert
48 » Warum Kraken Klötze lieben Michael Kuba von der Hebrew University in Jerusalem wirft Kraken Legosteine ins Wasser und lässt Schildkröten Bällen hinterherlaufen. Der Biologe erläutert, warum auch Tiere spielen
Brennpunkt
52 » Auf der Schattenseite Leseprobe kostenfrei Rainer Mausfeld von der Universität Kiel erinnert anlässlich des "Anti-Folter-Tags" der Vereinten Nationen an die Verstrickungen von Psychologen: Sie waren aktiv beteiligt an der Entwicklung und dem Einsatz äußerst zweifelhafter Verhörmethoden
Hirnforschung
64 » Wegweiser durch den Neuro-Dschungel Leseprobe kostenfrei Im Gefolge des Bologna-Prozesses heben immer mehr Universitäten hier zu Lande Studiengänge im Themenkreis von Gehirn und Geist aus der Taufe. Wir stellen die wichtigsten vor
70» Besser Denken: Lernen mit allen Sinnen
74 » TV- und Radiotipps, Termine kostenfrei
Bücher und mehr
77 » Reise zum Ich kostenfrei
79 » Hirnforschern aufs Maul geschaut kostenfrei
80 » Tschuldigung! kostenfrei
81 » Tödliche Fehler kostenfrei
82 » Eine Frage des Willens kostenfrei
84 » Vom biologischen Unsinn der Liebe kostenfrei
85 » "Ist doch noch gut!" kostenfrei
90 » Vorschau September 2009 kostenfrei
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