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Bildung Grade Titel XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX / Doktor-Grad, Übersicht / Bildung adelt
 

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Bildung adelt
 AKADEMISCHE TITEL UND GRADE In welchen Berufsfeldern sich die Promotion lohnt – und wo nicht.
Der Doktor-Grad hebt das Image, finanziell und als Karrierebeschleuniger zahlt er sich nicht immer aus.
Von Christine Demmer

Der Tagesspiegel vom 30.05.2004

 

Der Klinikdirektor wusste, dass er „ein etwas unbeliebtes, aber für das Image unserer Klinik wichtiges Thema“ ansprechen würde. Gleichwohl wies er das Krankenhauspersonal kürzlich per Rundschreiben darauf hin: „Der Doktortitel ist Teil des Namens und sollte für alle, die ihn besitzen, bei der Anrede auch verwendet werden.“ Prof. Dr. med. Kohn, Direktor an den Universitätskliniken des Saarlandes, irrte – und rief den Münchner Sprachliebhaber Ulrich Werner auf den Plan. Dessen Website (www.sprache-werner.info) ist eine Fundgrube für jeden, der sich über den richtigen Gebrauch akademischer Auszeichnungen informieren will. Werner stellt klar, dass akademische Grade (Doktor) und Titel (Professor) kein Bestandteil des Namens und keine Berufsbezeichnung sind. Das habe der Bundesgerichtshof schon 1962 festgestellt.

Am Image akademischer Auszeichnungen ändert der Richterspruch allerdings ebenso wenig wie an ihrer Attraktivität. Schließlich kann nicht jeder mit einem Titel geboren sein. Das Statistische Bundesamt (www.destatis.de) in Wiesbaden jedenfalls verzeichnet einen kontinuierlichen Anstieg Promovierter in der Bevölkerung. Laut Zahlenspiegel 2003 besitzen derzeit 1,3 Prozent der Bevölkerung den höchsten beruflichen Bildungsabschluss: die Promotion.

Doch lohnt sich das Hinstudieren auf einen akademischen Grad für jeden? „Eher nicht“, sagen nicht nur die vielen promovierten Akademiker, die ohne Job sind oder in Bereichen arbeiten, für die sie den Nachweis über die Befähigung zu „vertiefter wissenschaftlicher Arbeit“ nicht wirklich brauchen. Die erhoffte Titel-Rendite bleibt aber nicht nur in diesen Fällen aus. „Lehrer“, sagt etwa Martin Drees vom Institut für Wissenschaftsberatung in Bergisch-Gladbach, „haben eigentlich gar keine Vorteile davon – weder finanziell noch karrieretechnisch.“ Ganz anders wiederum in der Chemiebranche und in der Medizin, in Wirtschaftsprüfergesellschaften und Unternehmensberatungen. Dort gelten akademische Grade als Karrierebeschleuniger. In Wissenschaft, Forschung und Lehre sind akademische Auszeichnungen zwar Voraussetzung – aber lohnen sie sich auch finanziell?

Grundsätzlich lässt sich immerhin sagen: Promovierte haben ihre Aufwendungen nach acht bis 17 Jahren wieder hereingeholt. Unter anderem auch, weil die Finanzbehörden seit kurzem sämtliche Kosten einer nebenberuflichen Promotion anerkennen. Summa sumarum bleibt der Grad aber eine teure Angelegenheit mit ungewissem Return on Investment. Selbst wer nicht nebenbei jobbt, braucht bis zur Promotion mindestens zwei bis drei Jahre. Das bedeutet einen Einkommensverlust von etwa 100 000 Euro. Dafür verdienen Doktoren – nach Berechnungen der Kienbaum Vergütungsberatung – im Vergleich zu ihren titellosen Kollegen 500 Euro mehr im Monat. Und je höher sie auf der Karriereleiter steigen, desto größer wird die Kluft: Bei den Abteilungsleitern liegen die Doktoren mit durchschnittlich 103000 Euro Jahresgehalt schon um 14 Prozent über ihren titellosen Kollegen. Über ein ganzes Berufsleben gerechnet, beträgt der finanzielle Vorteil 231 000 Euro (Soziologen) bis 523 500 Euro (Chemiker), errechnete das Institut für Wissenschaftsberatung. Doch manchmal lohnt sich die Anstrengung auch nie. Wer zu viel Zeit auf seinen Titelkampf verwendet und erst mit 30 Jahren oder noch später ins Arbeitsleben startet, unterliegt oft in der direkten Konkurrenz mit berufserfahrenen Kollegen. Human Resources Manager wie Barbara Hilse vom Pharma- und Medizintechnikkonzern Abbott in Wiesbaden warnen eindringlich davor, wertvolle Jahre mit einer nur aus der Not geborenen Promotion zu vergeuden.

Bei einem Master ist der finanzielle Nutzen noch schwieriger zu beurteilen. Seit dieser Abschluss im Zusammenhang mit dem so genannten Bologna-Prozess, der die Entwicklung zu europäisch und sogar weltweit vergleichbaren Studienabschlüssen in Form von Bachelor- und Master-Graden vorsieht, von immer mehr privaten Business Schools und jeder zweiten Fachhochschule angeboten wird, hat der früher elitär anmutende Titel leicht an Glanz verloren. Trotzdem lohnt sich die Investition noch immer für viele – vor allem für Ingenieure, Naturwissenschaftler (MBA und MSc.) und für alle, die im Ausland oder bei einem internationalen Konzern arbeiten möchten.

Ob und wann sich die Investition in einen MBA rechnet, hängt vor allem von der Business School ab, an der er erworben wurde. Die meisten Unternehmen legen Wert auf den an einer akkreditierten Schule erworbenen Titel, der seinen Träger als wählerisch ausweist und den Zugang zu einem exklusiven Netzwerk von Ehemaligen (Alumnis) eröffnet. Die Studiendauer schwankt zwischen zwölf Monaten bei Vollzeitunterricht und 36 Monaten bei einem berufsbegleitenden Studium. Rund 40 000 Euro dürften dafür auf den Tisch zu blättern sein, dazu noch Unterkunft, Verpflegung und Kosten für Lehrmaterialien. Doch immerhin können MBA-Absolventen ein höheres Anfangsgehalt erwarten als „Nur“-Diplomanden von Fachhochschulen und Universitäten. Rein rechnerisch liegt die Bildungsrendite etwa wie beim Doktor.

 



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