Nach langem Streit gilt die Rechtschreibreform ab 1. August 1999 in Behörden und Schulen. Agenturen und Verlage beachten die Reform nur teilweise, Wörterbücher zeigen verschiedene Versionen und der einfache Bürger schreibt je nach Können, Lust oder Laune. Die von der Reform jedoch nicht berührte und daher rechtschreibunabhängige Verhunzung der Sprache war und ist kein Thema im Volk der Dichter und Denker. Dies gilt auch, ja sogar für Institutionen (über 10), die sich hauptsächlich mit der Sprache beschäftigen. Offensichtlich ist für sie die Verflachung der Sprache kein ernst zu nehmendes Thema.
Allenfalls der zunehmende Gebrauch englischer Wörter und Begriffe wird gelegentlich kritisiert. Wörterbücher fördern die Verbreitung von widersprüchlich verwendeten Wörtern und Wortschöpfungen. Nach erfolgreichem Nachsprechen und -schreiben in einer mehrjährigen Erprobungsphase (ca. 7 Jahre) werden die Verhunzungswörter in den Wörterbüchern aufgenommen und damit als zum „Sprachschatz gehörig betrachtet, insb. vom Dudenverlag. Dieses Verhalten ist verständlich, wenn man weiß, daß der Duden nur seinen Auftrag erfüllt, die Sprache zu registrieren und zu dokumentieren. Es zählt also nicht die Richtigkeit, sondern die Häufigkeit beim Schreiben und Sprechen, und zwar als Ausdruck der natürlichen Sprachentwicklung. Obwohl kein offizielles Organ für Sprachaufklärung erweckt die sog. Sprachberatungsstelle beim Duden den Eindruck, er allein sei für richtiges Schreiben und Sprechen zuständig.
Gehen Sie im Trend. Stehen Sie nicht abseits. Helfen Sie mit, das Dummdeutschwörterbuch (Reclam) zu erweitern. Prüfen Sie Ihren Verhunzungswortschatz.
Sollte wider Erwarten, jedoch voller Hoffnung Interesse dafür bestehen, die Ausdruckskraft der deutschen Sprache zu erhalten, so genügt es, die Verhunzungswörter und begriffe einfach zu vermeiden.
Wörterliste, * „dudenmäßig
Aus 30 Jahren Erfahrung im Deutschen Patentamt, gesammelt besonders für Akademiker als Anhalt beim Formulieren von Ausschließungsrechten, die in den Patentansprüchen angegeben sind.
1. mehrfach* nichtzeitgleiche Ereignisse sind mehrmalige
2. Worte die Mehrzahl von Wort heißt Wörter (Paßwörter, Codewörter, Fremdwörter etc.) Mehrere Wörter mit Sinnbildung sind Worte
3. davon ausgehen anstelle von annehmen, erwarten, erhoffen, glauben, vermuten, voraussetzen, der Ansicht sein, die Meinung vertreten, erforderlich sein, befürchten, schätzen, voraussagen, betragen, damit rechnen, unterstellen und v. a. Oder: Ich gehe davon (Tatsache oder Vermutung) aus und ....... (Folgerung).
4. fähig (fähig zu tun, wie lenkfähig), sonst bar (wie lenkbar)
5. fähig* in Verb. mit einem Hauptwort (bombenfähig) statt -tauglich, -geeignet, -würdig,(bombentauglich)
6. sich bedanken* (sich selbst danken?) statt jemanden bedanken oder danken
7. Ich würde sagen (meinen, glauben etc. in welchem Fall?) statt ich sage (meine, glaube etc.)
8. in etwa (ohne nachfolgendes Hauptwort) statt etwa, als Präposition überflüssig
9. Verbalsubstantiv für Handlungsergebnis (Ziel) statt substantiviertes Verb für Handlungablauf (Anleitung zur Übung statt Anleitung zum Üben)
10. scheinbar zum Schein? Wenn im Sinne von vermutlich oder wahrscheinlich: anscheinend
11. Stundenkilometer (physikal. Unsinn) statt Kilometer pro Stunde, km/h
12. außen vor (vor was?)statt ignorieren, nicht berücksichtigen, übergehen etc.
13. um das Zweifache bei zweifachem Ausgangswert als Endwert statt auf das Zweifache
14. x-mal mehr (höher, weiter etc.); (wieviel ist (einmal) mehr?) statt x-mal so viel wie (hoch, weit etc.)
15. x-mal weniger (niedriger, näher etc.); (wieviel ist (einmal) weniger?) statt Bruch- oder %-Angabe
16. beziehungsweise (ohne Beziehung) statt oder oder genauer gesagt
17. derselbe (Gegenstand); statt der gleiche, wenn es ein anderer ist.
18. Quantensprung (für große, entwicklungsraffende Leistung, Fortschritt), wenn nicht Sprung mit Quadratlatschen (in den Quantenschaum) gemeint ist.
19. Glückwunsch (bei Lottogewinn, Beförderung, Leistung) statt Mitfreude, Anerkennung, bravo, gut gemacht oder dergl.
20. Zu(m) mindestens statt mindestens, wenigstens, zumindest
21. auseinander dividieren statt auseinandertreiben, trennen, teilen
22. letztendlich/schlußendlich (gesteigert: schlußletztendlich) statt letztlich, endlich, schließlich
23. wirklich/echt/in der Tat statt sehr, oder überflüssig, weil die Aussage nicht angezweifelt wird
24. trotzdem statt trotz oder obgleich, am Satzanfang
25. Weil ich habe Hunger statt Denn ich habe Hunger o. Weil ich Hunger habe.
26. die ganzen Menschen (vielleicht auch die halben?) statt alle Menschen
27. vor Ort (ja wo denn?) am Ort, im Ort, neben dem Ort oder in der Umgebung von etc.
Auswertung:
0 Treffer: Unglaublich. Sie sind ein Verhunzungsmuffel. Meiden Sie die Sprache in Wort und Schrift.
1 bis 5 Treffer: Es besteht Hoffnung bei Ihnen. Sie benötigen nur noch etwas Übung. Lesen Sie fleißig Zeitungen, hören Sie Rundf. u. Fernsehen.
6 bis 10 Treffer: Sehr gut. Sie können sich das Studium der Germanistik sparen.
Ab 11 Treffer: Ausgezeichnet. Schreiben Sie fleißig Artikel. Romane und Briefe. Treten Sie als Moderator in Funk und FS auf. Bewerben Sie sich bei einem Wörterbuchverlag, werden Sie Lektor.
Siehe auch "Ein Nudelholz für die Sprache"
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