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Sprache / Deutsche Sprachwelt DSW / DSW 1 / D.E-Mail oder E-Post?
 

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E-Mail oder E-Post?
 Was uns Sprachberater empfehlen
von Thomas Paulwitz

Deutsche Sprachwelt Ausgabe 1/2000

„Sollte man nicht besser E-Post und E-Brief statt E-Mail sagen?" Diese Frage wurde vom Schriftleiter der Deutschen Sprachwelt - über E-Post! - drei Sprachberatungsstellen vorgelegt.

Die Antwort des „Sprachtelefons der Universität Essen" enttäuschte: „Der Ausdruck (die) ‚E Mail’ hat sich im deutschen Wortschatz etabliert und ist z.B. im Rechtschreib-Duden als Stichwort verzeichnet. Bei den meisten Ausdrücken aus dem Bereich des Computers setzen sich in der Regel die englischen Ausdrücke durch, was im Zuge einer internationalen Kommunikation durchaus seine Vorteile hat."

Die Dame der Sprachberatung am Germanistischen Institut der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zeigte sich aufgeschlossener: „Wenn man Anglizismen/Amerikanismen generell bekämpfen möchte, ist es sicherlich legitim, statt von E-Mail lieber von E-Post zu sprechen. Da aber gerade dieses moderne elektronische Medium weltweit in der schnellen Nachrichtenübermittlung eingesetzt wird, ist wohl in diesem Fall gegen die Verwendung der „Weltsprache Nr. 1“ nichts einzuwenden. Aber das kann natürlich jeder so handhaben, wie er möchte. Ich selbst verwende je nach Adressat auch manchmal den Begriff „elektronische Post“ (dann aber meist in dieser ausgeschriebenen Form)."

Am ausführlichsten und überraschendsten antwortete die Bertelsmann-Sprachberatung:
„Mit Ihrer Frage greifen Sie ein Thema auf, das zur Zeit auch in Fachkreisen sehr umstritten ist. ... Meine Meinung dazu ist (denn da hat auch in der Sprachberatung jeder seine eigene): Man sollte in Deutschland bei technischen Neuerungen nicht darauf verzichten, sich um einen sprechenden und angemessenen deutschsprachigen Ausdruck zu bemühen. Das sind wir unserer Sprache und unserer Kommunikationsfähigkeit schuldig. Im Fall des bereits etablierten Wortes „E-Mail“ kann ich Ihnen die Verwendung der Wörter „E-Post“ oder „E-Brief“ aber nicht empfehlen, außer Sie fühlen sich dazu aus innerer Überzeugung verpflichtet. Denn das Wort „E-Mail“ ist so weit verbreitet, daß jede Privatperson, die von diesem üblichen Sprachgebrauch abweicht, sich fragen lassen muß, ob damit eine bestimmte Weltanschauung verbunden ist. Falls Ihnen das egal ist (oder wenn Sie das wollen), können Sie eine deutsche Entsprechung für „E-Mail“ verwenden. Wenn Sie aber Mißverständnisse und unnötige Behinderungen der Kommunikation verhindern wollen, sollten Sie „E-Mail“ verwenden.

Eine Änderung dieser Bezeichnung wäre heute wohl nur noch von sehr großen Konzernen mit einer marktführenden Position zu bewirken. Würde z.B. Microsoft bei seinen deutschen Produkten eine Eindeutschung wählen (oder die Telekom bei ihrem Angebot), bestünde die ernsthafte Möglichkeit, der E-Mail eine akzeptable deutsche Entsprechung an die Seite zu stellen. Als Privatperson setzt man sich mit solchen Wortschöpfungen eher dem Verdacht der Schrulligkeit aus."

Was lernen wir daraus? Sobald ein Anglizismus in den Duden aufgenommen ist, gilt er als etabliert. Dann können nur noch Programmhersteller wie Microsoft und Fernmelderiesen wie die Deutsche Telekom etwas ändern. Es liegt an den Kunden, um deutliche Sprache zu bitten, immer in der Gefahr, als schrullig hingestellt zu werden.


 

 



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