Im Rundfunk hörte ich, der Kultusminister des Saarlandes habe geäußert, nun müßten alle Zeitungen und Zeitschriften „Verantwortung übernehmen“ und die neuen Schreibweisen einheitlich einführen. Verantwortung zu übernehmen kann aber nur heißen, auch künftig all das zurückzuweisen, was das Sprachgefühl der Kinder, die intuitive, vom Regelwissen unabhängige Sprachkompetenz, beschädigt und was der Rat für deutsche Rechtschreibung in seiner Mehrheit aus Verursachern und Befürwortern des Reformskandals unkorrigiert gelassen oder zur Variante umgewidmet hat.
Auf die Frage des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“, was sein würde, wenn die Rechtschreibreform „auch nach 10 oder 20 Jahren ... immer noch nicht angenommen wurde“, antwortet Herr Professor Nerius: „Dann muss zurückgerudert werden ... Das Volk ist der Souverän.“ Wenn das Volk weitere zehn oder zwanzig Jahre warten muß, bis es wieder der Souverän sein darf, werden wir tun, was wir tun können, damit die hochentwickelte Schreibung, die bis 1996 verbindlich war, nicht in Vergessenheit gerät. Frau Professor Wanka, im vergangenen Jahr Präsidentin der Kultusministerkonferenz, sagt: „Die Kultusminister wissen längst, dass die Rechtschreibreform falsch war ... Aus Gründen der Staatsräson ist sie nicht zurückgenommen worden.“ Es ist ja nicht ausgeschlossen, daß wir nicht bis in alle Ewigkeit von Personen regiert und redigiert werden, die sich diesem Begriff vor Staatsräson verpflichtet fühlen.
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