Sehr geehrter Herr Werner,
mit Interesse habe ich Ihre Beiträge gelesen. Ich darf mich kurz vorstellen, ich bin Arzt aus Berlin. Sie haben recht, dass der Doktorgrad nicht Namensbestandteil ist und der Träger keinen rechtlichen Anspruch auf die Verwendung des Grades in der Anrede hat. Ich bin auch offen dafür, dass die Eintragungsmöglichkeit in Dokumente wie Pass und Ausweis gestrichen wird. Nur ich möchte Ihnen folgende Frage stellen. Wieso haben Sie ein derart ausgeprägtes Interesse daran, dass der Doktorgrad möglichst keinerlei Erwähnung finden soll? Sie haben soviele Artikel und Beiträge gesammelt, die den Doktorgrad als zurückgeblieben, mittelalterlich und wertlos erachten. Mich interessiert, wie Sie zu dieser ablehnenden Haltung gegenüber dem Doktorgrad gekommen sind. Haben Sie sehr schlechte persönliche Erfahrungen mit Promovierten gemacht?
Ich gebe Ihnen recht, dass viele Doktorgrade unverdient erworben wurden und dass sie auch nichts über die Qualität eines Menschen aussagen, auch nicht über die berufliche Befähigung desselben. Dennoch gibt es auch die andere Seite mit sehr wohl sehr befähigten Menschen, die qualitativ sehr gute Dissertationen erbracht haben. Wieso scheren Sie alle diese Menschen über einen Kamm, ich finde auf Ihrer Seite keinen Beitrag, der diese andere Seite beleuchtet. In Ihrem Lebenslauf weisen Sie auf wichtige Errungenschaften in Ihrem Leben hin, z.B. dass Sie über 800 Filmberichte und Reportagen geschaffen sowie über 30 öffentliche Auftritte im Steptanz geboten haben. Oder Ihr Studium und Abitur. Sie wollen damit doch auch Anerkennung erlangen. Das ist ein menschliches Bedürfnis, was an sich doch überhaupt nicht verwerflich ist. Soll man Ihnen nun deswegen vorwerfen, Sie müßten Komplexe kompensieren? Soll man Ihnen vorwerfen, Sie könnten nicht ertragen, zum alten Eisen zu gehören und müßten sich mit alten Errungenschaften beweihräuchern? Nein, Sie können doch stolz auf das Erreichte sein und es auch sagen. Was erzürnt Sie nun so daran, wenn ein Promovierter Anerkennung für seine Promotionsleistung erlangen möchte? Und noch einmal zurück zu Ihren Errungenschaften. Was sagen diese dann, Ihre Logik angewendet, über Sie aus? Was wenn Ihre Abiturnote 3,4 war, Ihr Studium grad so bestanden und Ihre Steptanzauftritte eine Qual für das Punblikum, das steht ja in Ihrem Lebenslauf nicht drin. Verstehen Sie mich nicht falsch, Ihre Leistungen zu schmälern, ist gar nicht meine Absicht. Es ist doch schön, wenn Sie auf Dinge stolz sein können. Aber in Ihrer Argumentation sollten Sie nicht so einseitig vorgehen. Und wenn Sie mir nun antworten, es geht Ihnen ja nur um die Eintragung in amtlichen Dokumenten, dann sage ich nochmals, für die Streichung der Eintragungsmöglichkeit bin ich offen. Mir geht es primär um Ihre undifferenzierte Auseinandersetzung mit dem Doktorgrad selbst.
Zuletzt, ein Arzt kann ohne Doktorgrad inhaltlich sehr gut arbeiten, doch die meisten Patienten fragen, sind Sie Doktor. Sehr, sehr viele Menschen kennen gar nicht den Unterschied und denken, wenn ein Arzt kein Doktor ist, ist er auch kein Arzt. Insofern sind viele Ärzte besser dran, den Dr. zu haben, um nicht jedem Patienten den Unterschied erklären zu müssen und auch weil die meisten Patienten erwarten, dass der Arzt, der sie behandelt Doktor ist.
Wie gesagt, mich interessiert, was Sie so gekränkt haben muss, dass es Ihnen eine Herzens-angelegenheit ist, gegen den Doktorgrad ins Feld zu ziehen.
Bitte veröffentlichen Sie meinen Brief auch auf Ihrer Seite und falls Sie didaktische oder grammatikalische Fehler finden sollten, benutzen Sie sie bitte nicht, um meine Meinung zu diskreditieren oder mich als beleidigte akademische Leberwurst zu bezeichnen, wie Sie dass bei einem anderen Beitragsschreiber getan hatten. Übrigens falls Sie mir antworten sollten, bin ich Ihnen in keiner Weise böse oder gekränkt, wenn Sie mich nicht mit Dr. anreden, das überlasse ich in der Tat Ihnen.
Mit freundlichen Grüßen
A. Trautwein trautheld@hotmail.com
Ich versuchte, Herrn Trautwein sofort anzurufen, um für den Brief zu danken. Auch schriftlich hatte ich keinen Erfolg.
Meine Antwort am 30.6.2014 im Netz.
Zum Arzt aus Berlin - Leserbrief aus München - Von Hans Dennler am 18.7.2014
|