Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Bildung Grade Titel XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX / Urteile, Verordnungen / Die Titelpflege im Deutschen Patentamt
 

  < zurück erweiterte Suche Seite drucken
 

Die Titelpflege im Deutschen Patentamt

Doktor + Regierungsrat o. Oberregierungsrat o.  Reg. Dir.

Von U. W.
 

Nach Ende des Studiums einschließlich Diplomarbeit begann ich 1953 ohne Zeitverlust in der Fa. Siemens & Halske in München als Projektingenieur für Telefonanlagen in Mittelamerika. Eine private Erfindung, über die ich mangels Bezug zu meinem Arbeitsgebiet frei verfügen konnte, brachte mich mit einem Sachbearbeiter der Patentabteilung zusammen. Er beriet mich, die von der Firma freigegebene Erfindung unter Beachtung der Anmeldebestimmungen dem Deutschen Patentamt vorzulegen. Dabei weckte er mein Interesse am Patentwesen und riet mir erfolgreich den Übertritt in die Patentabteilung der Firma. Während dieser Zeit lief meine Bewerbung im Deutschen Patentamt. Nach 1 ½ Jahren war es so weit, 1961 begann meine Beamtenlaufbahn, zunächst als Angestellter, dann als Assessor.

Inmitten der verschiedenen Prüfungsabteilungen mit der  ungewohnten Zahl von ca. 500 Prüfern , alle Hochschulabsolventen mit einem oder zwei Titeln, fiel mir die Titelei unter einander auf. Auch mein Ausbilder erwartete von mir, mit „Herr Oberregierungsrat“ oder mit dem Doktortitel angesprochen zu werden. Froh, in der angestrebten Behörde gelandet zu sein, fand ich mich mit der Titelei ab. Die Erlösung kam unerwartet und bald. Ein Jahr später (1962)  las ich eine Zweizeilennotiz in der SZ, akademische Grade seien kein Bestandteil des Namens. Mit dem Text des Urteils gestärkt, aber ziemlich unsicher ließ ich ab sofort bei allen Anreden, ob bei Kollegen, Vorsitzenden der Abteilung oder meinen Ärzten einschließlich Professoren die Titel weg. Ich war überrascht, wie schwer es mir fiel, in der bisher gewohnten Anrede mit Titel ihn „einfach“ wegzulassen. Erst nach ein paar Monaten festigte sich die ungewohnte titellose Anrede, die bei allen  Promovierten beibehielt.  Erstaunt beobachtete ich das Verhalten der Kollegen. Obwohl ich meine damals anfangs sicher als provokant beurteilte titellose Anrede, besonders auch bei promovierten Vorsitzenden fortsetzte, behielten auch die promovierten Kollegen die verzierte Anrede bei. Im täglichen Amtsgebrauch änderte ich  Konsequenterweise auch bald mein Türschild. Da mein Antrag dazu abgelehnt wurde, tat ich es eigenmächtig: von „Dipl.-Ing.  U. Werner  Regierungsdirektor“ in „U. Werner Mitglied des Deutschen  Patentamts“. Mit den Kollegen fand nie ein Gespräch über das Titelthema statt. Beschäftigt muss meine Anredepraxis die Promovierten der Abteilung aber schon. An einem der weihnachtlichen Jahrestreffen, die im Laufe der Zeit immer öfter durch Darbietungen einzelner Prüfer - und nach einer von mir eingeführten Einladung der Ehefrauen durch sie bereichert wurden, erhielt ich einmal von den Promovierten der Abteilung jeweils auffällig eingepackt ein Exemplar ihrer Dissertation. An Einzelheiten daraus kann ich mich nach über 40 Jahren nicht erinnern. Die Erlebnisse im Patentamt veranlassten mich jedoch, das Titelwesen auch auf meiner Webseite nach dem Thema „Deutsche Sprache“ zu  dokumentieren. Nach weiteren 10 Jahren mit titellosen Anreden kann ich berichten, es hat sich keiner der möglicherweise Gedemütigten Promovierten, besonders im medizinischen Bereich Unbehagen erkennen lassen. Übrigens, bei einem Besuch der Abteilung stellte ich fest,  sogar  fast 30 Jahre nach meiner Pensionierung  hatte sich im Patentamt an der Titelei  nichts geändert

Regierung, Medien und Gesellschaft lieferten beständig Beispiele für eine Gemeinschaft, in der ein Mensch weniger zählt als sein als Statussymbol benutzter Titel. Die nachwachsende Generation zeigt erfreuliche Anzeichen von Realismus. Auch in den Medien werden Titel zunehmend seltener genannt.

Macht und Schein der Titel 

 



zum Seitenanfang < zurück Seite drucken