AZ Karriere vom 23.10.2012
Der akademische Doktorgrad ist KEIN Titel! Vor allem: Niemand weiß. wann und wo promoviert wurde. Durch Weglassen der Fakultätsbezeichnung wird sogar das Studienfach verschleiert, was der großen Bedeutung widerspricht, die der „Titel in Deutschland hat. Der Promovierte genießt automatisch ein sehr hohes Ansehen in der Gesellschaft, und das sogar lebenslang und unabhängig davon, wie dünn das Brett ist, das er mit seiner Dissertation gebohrt hat.
Neben dem hehren Motiv, der Wissenschaft zu dienen, gilt es keineswegs als unehrenhaft, eine Türschildpromotion anzustreben, was selten zugegeben wird. Der eitelkeits-gesteuerte Drang nach einem „Titel, notfalls auf unreelle Weise erworben, dürfte sofort abnehmen, wenn der unbegründete Eintrag in Pass und Ausweis unterbliebe.
Ein halbes Jahrhundert lang ist es der Doktorlobby in Deutschland gelungen, das BGH-Urteil aus dem Jahre 1962 zu verheimlichen, wonach der Doktorgrad kein Bestandteil des Namens ist. Den Versuch Wolfgang Schäubles, den sachwidrigen Passeintrag abzuschaffen, hat vor fünf Jahren der damalige bayerische Innenminister Günther Beckstein im Bundesrat vereitelt, um die Tradition zu pflegen.
Ulrich Werner
Zur Information: Das deutsche Titelwesen
Der Doktorgrad
BGH-Urteil
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