„Doppelpass“ – Unwort und Fehlpass
Seit 2014 sorgt der Doppelpass in der Bundesrepublik für eine lebhafte Diskussion, besonders nach der strittigen Wahl in der Türkei. Nicht gemeint ist mit diesem mehrdeutigen Begriff sind die Verdoppelung eines Reisepasses, eines Staates, des Passinhabers oder gar eines aus zwei Pässen bestehenden Spielzuges im Fußball. Erkennbar wird dieser verbal verschleierte Gegenstand erst durch den Begleittext, nämlich der Reisepass, neben dem Personalausweis ein mindestens gleichwertiges Hochsicherheitsdokument zum Identifizieren eines Bürgers. Dieser eindeutig einem Bürger zugeordnete Pass wird nicht, wie dem Namen nach angedeutet, verdoppelt, sondern der antragstellende (deutsche) Bürger erhält aus wichtigem Grund einen zweiten Pass, gültig für einen anderen (zweiten) Staat (Türkei), dessen Staatsbürgerschaft er beansprucht. Dieser Aufwand ist erforderlich, wenn Staaten die Einreise von Bürgern anderer Staaten kontrollieren wollen. Innerhalb der EU können ihre Bürger sogar mit einem Personalausweis einreisen.
Der Ausdruck „Doppelpass“ ist somit eine sprachliche Fehlleistung und führt in die Irre. Das umstrittene Dokument ist ein (zweites) zusätzliches dem Antragsteller gewidmetes aber auf das Zweitland gerichtetes Dokument, also ein „Zweitpass“. Zweitgegenstände gibt es in diversen Ausführungen wie Zweitwohnung, Zweitauto, Zweitfrau und Zweitberuf. Begriffe wie „Doppelwohnung“, „Doppelauto“, „Doppelfrau“ und „Doppelberuf“ sind trotz des jeweils ähnlichen Verwendungszwecks unüblich.
Ein verdoppelter Gegenstand gleicht weitgehend dem Original. Bei Briefmarken muss sogar die Zähnung, normalerweise kaum beachtet, übereinstimmen. Der deutsche Pass unterscheidet sich vom türkischen durch Text, Format, Farbe und Gestaltung. Es käme niemand auf die Idee, Zwillinge als verdoppelte Menschen zu bezeichnen.
Auch unter Beachtung der deutschen Umgangssprache besteht somit, den politischen Willen vorausgesetzt, die Möglichkeit, ausländischen Mitbürgern eine zweite Staatsbürgerschaft zu verleihen und dies durch Vergabe eines zweiten Passdokumentes (Zweitpass) zu dokumentieren. Damit wäre auch die zeitliche Reihenfolge der Anträge oder ihrer Genehmigung erkennbar.
Ulrich Werner
Dieser Brief wurde an mehrere Zeitungen versandt. Dann wagte ich mich an das Bedienen der Webseite. Nach einer krankheitsbedingten Pause. hatte ich viele Editierbefehle vergessen. Außerdem fand Ich auf meiner Seite mehrere Artikel zum selben Thema aus den den Jahren 2012 und 2014:
Die Verdopplungsmanie der Medien - Der Doppelpass - ein verbaler Fehlpass - von Ulrich Werner am 22.5.2014
Staatsbürgerschaftliches Doppel - Der Doppelpass ohne Ball - Zu den Artikeln „Doppelpass im Wahlkampf“ und „Vom sogenannten Integrationsland“ - von Ulrich Werner, am 11.3.2013
Der Doppelpass im Duden
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