Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Sprache / Wörtermarkt / Glossar / Echt gut
 

  < zurück erweiterte Suche Seite drucken
 

Echt gut

 

Als W. E. Süskind das Wort „echt“ in das „Wörterbuch des Unmenschen“ aufnahm, ahnte er wohl noch nicht, wie viele ganz und gar menschliche Bedürfnisse darauf gerichtet sind, Echtheit zu versichern oder sich ihrer versichern zu lassen.

Gewiß sah er den Vorgang völlig richtig, als er schrieb: „So wird echt“, dieses schlechthin feststellende und unterscheidende Adjektiv, das über die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer Kategorie entscheidet und sonst nichts, glücklich hinüber geschmuggelt ins Magazin der Beteuerungen und Schmuckwörter.“

Daran haben wir uns gewöhnt. Wir wissen nicht nur echt schottische Wolle und echt schottischen Whisky zu schätzen. Es muß ja auch den Herstellern vergönnt sein, die Unverwechselbarkeit ihrer Produkte gegen alle Tücken der Nachahmer herauszustellen. Wir sind sogar bereit, jemandem den Ausdruck „echter Sorge“ abzunehmen, und argwöhnen nicht gleich, seine Sorge sei sonst wohl zuweilen nicht ganz echt, also keine Sorge gewesen. „Echt“ ist zu einem vielfach redundanten, oft überflüssigen Wort geworden. Gerade dadurch eignet es sich so gut für die Reden von Leuten, denen es aus politischen Gründen darauf ankommt, mit möglichst vielen Wörtern möglichst wenig zu sagen.

Aber Süskinds Befürchtungen wurden scheinbar noch übertroffen. Das Adjektiv „echt“ hat sich nicht nur hinübergeschmuggelt in den Bereich der billigen Beteuerungen, sondern auch - ein sprachlich viel aufregenderer Vorgang - in den Bereich des Adverbs. Eine jüngere Generation drückt das Gütesiegel „echt“ nicht mehr Produkten, sondern auch Handlungen und vor allem Eigenschaften auf. Die jungen Deutschsprecher haben schon zu oft gestaunt über die Welt, in der sie leben, so daß sie einander dann immer wieder versichern müssen, sie seien diesmal aber „echt, erstaunt“. Und wo alles „gut“ sein will oder soll, läßt sich dieser fortwährende Anspruch auf Gutes doch am besten dadurch erhärten, daß man verkündet, dieser neue Sound sei nun aber wirklich „echt gut“, wo nicht gar „echt super“.

Ich kann diese sehnsüchtige Verwendung von „echt“ als Adverb nicht gutheißen; ich kann aber auch nicht die geringste Spur von Unmenschlichkeit darin entdecken. Echt!

 



zum Seitenanfang < zurück Seite drucken