Die DEUTSCHE SPRACHWELT untersuchte die Europawahlprogramme der sechs im Europaparlament vertretenen Parteien. Über diese Sprachprüfsteine berichtete am 5. Juni 2009 die Nachrichtenagentur ddp und am 22. Juni 2009 die Mitteldeutsche Zeitung:
ddp, 5. Juni 2009: Deutsch, Englisch oder Sprachenvielfalt Parteien setzen sich in Europawahlprogrammen unterschiedlich für die deutsche Sprache ein
Von ddp-Korrespondentin Yasmin Schulten
Erlangen (ddp) Die CSU kämpft darum, am Sonntag bei der Europawahl bundesweit die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen, in einem Punkt hat sie aber schon jetzt die Nase vorn. Mehr als die anderen großen Parteien setzen sich die Christsozialen für die deutsche Sprache auf europäischer Ebene ein. Die Zeitschrift «Deutsche Sprachwelt» hat die Wahlprogramme der großen Parteien unter die Lupe genommen und am Freitag in Erlangen «Sprachprüfsteine» zur Europawahl publik gemacht. Ziel dieser Analyse war es, eine Entscheidungshilfe für unentschlossene aber sprachbewusste Wähler zu geben, hieß es.
So widmet sich die CSU in ihrem Programm ausführlich der Bedeutung der deutschen Sprache in der EU. Europa lebe aus dem Reichtum seiner Regionen, Völker und Kulturen und aus dem gegenseitigen geistigen und kulturellen Austausch, hieß es im CSU-Europawahlprogramm. Deutsche Sprache und bayerische Kultur hätten dabei aber eine «ganz besondere Bedeutung». Als «meistgesprochene Muttersprache in Europa» müsse Deutsch gleichberechtigte Arbeitssprache neben Englisch und Französisch sein, fordert die CSU. Auch sollen alle Antragsformulare auf EU-Fördergelder auf Deutsch verfügbar sein und auch ausgefüllt werden können. Nur die CSU trete zu 100 Prozent für die deutsche Sprache ein, schlussfolgerten die Sprachexperten.
Ähnlich sieht das auch die Schwesterpartei CDU, die die deutsche Sprache in Institutionen der EU «angemessen berücksichtigt» und «stärker verwendet» sehen möchte. Zugleich spricht sich die Partei auch für einen frühen Erwerb einer Fremdsprache aus.
Die SPD fordert «dringend auch die Gleichberechtigung der deutschen Sprache auf Ebene der Europäischen Union». Gleichzeitig weisen die Sozialdemokraten in ihrem Programm darauf hin, dass allgemeiner «sprachlicher Bildung» ein «noch größeres Gewicht» gegeben werden müsse.
Gänzlich anders sehen das die Grünen. In ihrem Wahlprogramm machen sie sich den Untersuchungen zufolge zu einhundert Prozent für eine Sprachenvielfalt stark. Basis und Ausdruck der kulturellen Vielfalt seien die Sprachen Europas, hieß es. Ähnlich tritt auch die FDP für eine Sprachenvielfalt in Europa ein. Der Mehrsprachigkeit und Anhebung der Sprachkompetenz müssten ihrem Programm zufolge «besondere Aufmerksamkeit» geschenkt werden.
Für die Linken spielt die Gewichtung von Sprache offenbar keine Rolle, in ihrem Programm gibt es dazu keine Stellungnahme.
Mitteldeutsche Zeitung, 22. Juni 2009: Forderung aus Köthen an die EU Sprachtag: Teilnehmer verlangen mehr deutschsprachige Informationen für Unternehmen und Bürger
Von Thomas Rinke und Claus Blumstengel
[…] Allgemein beklagt und mit zahlreichen Beispielen nachgewiesen wurde auf dem 3. Sprachtag die stiefmütterliche Behandlung der deutschen Sprache in den Institutionen der Europäischen Union. […]
Die Ursache für die geringe Rolle der deutschen Sprache in der Europäischen Union war bald ausgemacht: Die Deutschen selbst, so das Fazit des Vortrags vom Mitglied der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft, Thomas Paulwitz, widmen ihrer Sprache nicht die nötige Aufmerksamkeit. So habe die Muttersprache in den EU-Wahlprogrammen der Linken, von Bündnis '90 / Die Grünen und der FDP überhaupt keine Rolle gespielt und das Programm der SPD sei zum Teil in schwer verdaulichen Schachtelsätzen abgefasst, die der Referent augenzwinkernd in verständliches Deutsch übertrug. Demgegenüber lobte Paulwitz aus sprachlicher Sicht das EU-Programm der CSU.
Kritisiert wurde von Teilnehmern des Sprachtages, dass die deutsche Sprache nicht als Landessprache im Grundgesetz steht, wie in Österreich, der Schweiz und Liechtenstein. Eine entsprechende Unterschriftenliste mit dieser Forderung lag aus.
Für eine stärkere Berücksichtigung der deutschen Sprache innerhalb der EU hat sich auf dem Sprachtag auch Sachsen-Anhalts Europaminister Rainer Robra ausgesprochen, der sich davon "mehr Bürgernähe" und größere Akzeptanz seitens der Bürger verspricht. Unternehmen dürften nicht benachteiligt werden, weil Ausschreibungen nicht in ihrer Sprache vorlägen. Weit über 90 Millionen Menschen in der EU hätten Deutsch als Muttersprache, argumentierte Robra. Dem werde bislang zu wenig Rechnung getragen. Ein sicherer Umgang mit der Muttersprache sei außerdem Voraussetzung dafür, sich eine umfassende Bildung anzueignen, meinte der Minister, der in diesem Zusammenhang die Bemühungen der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft um die Pflege der deutschen Sprache würdigte. geschrieben von dsw am 08.06.2009
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