Helmut Kohl muss unentwegt mit seiner Hybris konfrontiert werden
Zu Times mager - Ursünde (FR vom 18. 2- 2000), von Professor Dr. Helmut Saake, Hamburg

FrankfurterRundschau vom 13.03.2000

Mag über die politische und strafrechtliche Verwerflichkeit des „Systems Kohl" schon manche zutreffende Charakterisierung veröffentlicht worden sein: Anscheinend hat wohl erst die FR seine Authentizität mit der befreienden Präzision ethischer Terminologie als Hybris definiert. Diese Kategorie bewertet den maßgeblichen Standort und zugleich das Geheimnis des Erfolges der Machtstrategie des längst amtierenden Bundeskanzlers in der unvermeidlichen Distanz zu Grundgesetz, Rechtsstaat und menschlicher Gemeinschaft.

Wie sonst könnte Kohl ungefähr zweiundzwanzig Jahre lang mit souveräner Skrupellosigkeit seine illegale Parteifinanzierung bei permanenter Verletzung des Grundgesetzes (Art. 21 GG) verwirklichen und zum notorischen Verfassungsbrecher „avancieren"? Wie sonst könnte Kohl als Bundeskanzler etwa sechzehn Jahre lang fortgesetzt seinen Amtseid (Art. 64 GG in Verbindung mit. Art- 56 GG) mit der Gelassenheit eines „Übergottes" missachten?

In der Tat handelt Kohl jetzt entsprechend dieser Herrschaftspraxis völlig konsequent, wenn er seine angebliche Verschwiegenheitszusage verfassungswidriger Verheimlichung der Namen mutmaßlicher Großspender kraft seines ungesetzlichen und daher nichtigen „Ehrenwortes“ verteidigt und aufrechterhält: Mit diesem „Kampf um seine Ehre" beansprucht Kohl lediglich weiterhin das „Recht auf permanenten Verfassungsbruch".

Die Rechtsgemeinschaft ist grundgesetzlich verpflichtet, Kohl unentwegt mit dieser seiner Hybris zu konfrontieren, um ihm einen Ausweg aus seiner Katastrophe zu weisen: die Achtung vor der Verfassung und die Ehrfurcht vor dem Amtseid.