Ist der Bummelstudent wieder da? Seit Jahren versucht man aus dem deutschen Studenten einen besseren, einen effizienteren Menschen zu machen. Ihm wurde das lästige Studium gestrafft, kontrolliert werden jetzt minutiös seine Leistungen, dicht gedrängt ist sein Stundenplan. Der Nichtsnutz aber blockiert neuerdings den Hörsaal und geht mit allerlei bunten Forderungen auf die Straße: Er will keine Studiengebühren zahlen. Er sagt, die neuen Studiengänge seien überreguliert, sie sollten wieder abgeschafft werden. Er sagt, er könne sich nicht frei entfalten. Kurzum: Der deutsche Student will wieder bummeln. Anzeige
Und zwar völlig zu Recht. Das ungerichtete Herumstudieren an der deutschen Universität, vorzugsweise in geisteswissenschaftlichen Disziplinen, hat eine ehrwürdige Tradition. Sie reicht im Übrigen auch viel zu lange zurück, um sie in wenigen Jahren zu beseitigen. Als der amerikanische Schriftsteller Mark Twain 1878 Heidelberg besuchte, wunderte er sich sehr über die »wenigen Vorschriften« an den deutschen Hochschulen. Der Student »wird nicht für eine bestimmte Zeitspanne an der Universität aufgenommen«, notierte er, »deshalb ist es auch wahrscheinlich, dass er mal wechselt. Er braucht zur Aufnahme an der Hochschule keine Prüfungen abzulegen… Er zahlt gerade mal eine Aufnahmegebühr von fünf oder zehn Dollar, erhält einen Ausweis, der ihm Zugang zu den Einrichtungen der Universität verschafft, und das war es auch schon… Er wählt das Fach, das er studieren will, und trägt sich für das Studium ein, aber er kann beim Besuch der Vorlesungen auch mal aussetzen.«
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