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1. Die Vorgeschichte Erstmals fiel mir in den 70-iger Jahren beim Schlucken ein Widerstand im Hals auf. Zunächst glaubte ich an eine nahende Erkältung, ich wurde abgelenkt und gewöhnte mich schließlich an das Knödel im Hals. Erklärungen erhielt ich keine. Eine Untersuchung mit einem neu entwickelten Lupen-Laryngoskop brachte auch keine Erklärung. Ich dachte an eine Verätzung durch ein stecken gebliebenes Aspirin. Oder spielte die Psyche eine Rolle? Bei der Sportberichterstattung im Fernsehen musste ich von heut’ auf morgen bei meinen Filmen die Sprechrolle übernehmen. Erfahrung hatte ich keine. Das regte mich sehr auf, mein Herz pochte wild, wenn ich allein in der „Mischung“, dem Vertonungsstudio, vor dem empfindlichen Mikrophon saß, das schon den Pups einer Fliege aufnahm. Jetzt musste ich langsamer und vor allem deutlich sprechen. Neigte ich doch grundsätzlich zum Nuscheln. Ich schaffte es – und bekam Schluckbeschwerden? Es folgten im Laufe der Jahre mehrere Spiegelungen der Speiseröhre, kein Befund. Ich versuchte damit zu leben. Ab 2005 etwa plagte mich zusätzlich ein ständiger Hustenreiz, verstärkt nach einer Erkältung. Er blieb auch nach der Gesundung sehr lästig. Auch hier wusste niemand Rat.
Ende des Jahres 2010 schrieb ich an den Bayerischen Rundfunk, und zwar an die Gesundheitsexpertin Marianne Koch und den Moderator Werner Buchberger einen Brief. Darin lobte ich beide und dankte ihnen für die mit größter Sachkunde gegebenen medizinischen Informationen und für die oft vermittelten Glücksgefühle, die meine Frau und ich als Stammhörer des samstäglichen Gesundheitsgesprächs empfinden. Am Ende der Sendung stellten wir meistens fest, dass wir eigentlich im Vergleich zu den leidvollen Erfahrungen der Anrufer relativ gesund sind und trotz verschiedener Wehwehchen keinen Grund haben, unzufrieden zu sein. Mein Schreiben gab Anlass, uns als Gäste in die Sendung einzuladen: Am 2. Januar 2010 waren wir Im Studio des Bayerischen Rundfunks und erlebten das Gesundheitsgespräch. Von der zweifachen Lebensgefahr, unter der ich seit vielen Jahren stand, ahnte ich damals noch nichts. Frau Koch griff meine Schluckbeschwerden auf, und ich schilderte meine Vermutungen über ihre Entstehung. Doch sie konnte meinen Verdacht nicht bestätigen. Es blieb die schöne Erinnerung an den Besuch. Die Schluckbeschwerden blieben ein ungelöstes Problem.
2. Hoppla, da ist doch was! Fast zufällig kam der mich seit vielen Jahren plagende Reizhusten kurze Zeit später bei meinem Hausarzt zur Sprache. Er empfahl, eine CT vom Brustraum machen zu lassen. Jetzt erweckte ein Aneurysma die Aufmerksamkeit der Ärzte. Vor 10 Jahren war es wesentlich kleiner und es wurde daher wohl nicht beachtet. Neben einer vaskulären Fehlbildung im Bereich der Aortenbogenarterien ließ auch die aneurysmatisch erweiterte A. Lusoria die Alarmglocken klingeln, besonders deshalb, weil sie die Trachea (Luftröhre) sowie den Ösophagus (Speiseröhre) partiell verdrängte. Ein Gefäßchirurg erkannte die zweifache Lebensgefahr für mich und veranlasste eine CT mit höherer Auflösung, um die OP (s) zu planen. Die Diagnose lautete: Aortenbogenanomalie mit Aneurysma an der A. Lusoria. Siehe (http://de.wikipedia.org/wiki/Arteria_lusoria).
Die mich seit über 20 Jahren plagenden Schluckbeschwerden wurden durch den jahrelangen Druck auf die Speiseröhre verursacht. Es bestand die große Gefahr sowohl einer Fistel als auch einer Ruptur des ziemlich großen Aneurysmas (7 x 3,5 cm). Erschwerend kam hinzu, dass eine Armarterie an der falschen Seite mit der Aorta verbunden war. Dadurch war die Haltezone für einen Stent im Aneurysma sehr knapp (7 mm). Ein Chirurg wollte dennoch als Erstes, also vor Verplanzung der Arterien den Stent setzen und eventuell, falls er nicht fest sitzen blieb, eine Verlängerung nachschieben. Eine andere Lösung: in einer 1. OP werden die Armarterien von der Aorta gelöst und mit den zugehörigen Kopfarterien verbunden. In der bald danach folgenden 2. OP wird der Stent in das danach freiliegende Aneurysma über die Aorta von der Hüfte aus eingeschoben, um es brach zu legen.
Wegen der nicht alltäglichen Situation holte ich mehrere schriftlich bestätigte Meinungen ein, Isarklinik, Uniklinik Pettenkoferstr., Rechts der Isar und im Deutschen Herzzentrum, auch mehrere Kardiologen befragte ich. Eine Totaloperation der Brust wurde mir auch vorgeschlagen. Ich entschied mich schließlich für die zweitgenannte Methode, zuerst Versetzen der Arterien und danach der Stent.
3. Die Operationen Anfang Mai 2010 fanden die OPs statt. Die 1. verlief reibungslos, die zweite weniger. Der Stent bereitete große Probleme, er ließ sich erst nach über vier Stunden Schieben und Drehen plazieren. Mich trafen mehrere Hirnschläge, u. a. in den Arealen für Sehen und die Feinmotorik der rechten Hand. Das linke Auge war seit einer misslungenen Netzhaut-OP vor 20 Jahren schon vorgeschädigt. Es ist seirdem u. a. um 15 Grad verdreht. Ein auf der Rückseite an der Lederhaut angenähter Kunststoffring hat die Ziliarmuskeln verkürzt. Durch ständigen Druck und Schmerzen empfinde ich das Auge seitdem als Fremdkörper. Das Störbild des linken Auges liegt immer über dem relativ klaren Bild des rechten Auges. Dieser Zustand hat sich durch die OP verschlimmert. Anfangs konnte ich nicht einmal mit dem rechten Auge klar sehen. Für die Augen gibt es keine Hilfe. Jetzt sehe ich schon wieder besser. Geduld ist gefragt. Was wäre die Alternative gewesen, hätte sich der Stent nicht setzen lassen, fragte ich den Chirurgen. „Die Total-OP.“ Das hätte bedeutet: Öffnen des Brustkorps und Einsatz der Herzlungenmaschine, mit den gleichen oder sogar größeren Risiken.
4. In welche REHA? Nach einiger Zeit fand ich heraus, dass für mich weder eine orthopädische noch eine kardiologische REHA in Frage kommt, sondern eine neurologische, und zwar eine ambulante, weil mein skoliosegeschädigter Rücken sich nur im heimischen Bett (weiche Unterlage und motorisch verstellbar) nachts erholen kann. In München sind solche REHAs rar. Durch Empfehlung fand ich Prof. Fries in Pasing. Erstmals wurde ich nicht als medizinische Melkkuh betrachtet. Nach eingehenden ergo- und physiotherapeutischen Tests räumte er ein, dass sein Institut keine für mich geeignete Behandlung bieten kann. Verstanden habe ich seine Ansicht allerdings nicht. Herr Fries empfahl mir für die bei der rechten Hand vorliegende Stereoagnosie private Verordnungen zum Trainieren der Finger. Endlich wurde mir bewusst, dass ich für meine rechte Hand eine sognannte Ergo-Therapie brauche.
5. Eigentherapie – Selbst ist der Mann Die praktiziere ich bereits seit Entlassung aus der Klinik, indem ich versuche, mein bisher sehr aktionsreiches Leben fortzuführen, allerdings stark gebremst durch die postoperative Schwäche und die Behinderungen durch das gestörte Sehvermögen und die gefühllose rechte Hand. Ein weiteres und schweres Hindernis beim schnellen Genesen entstand zwei Wochen nach der 2. OP durch die Folgen eines Sturzes. Ich brach nachts kurz nach dem Aufstehen zusammen und fiel mit voller Wucht auf den Steiß. Die Stauchung der LWS ist sehr schmerzhaft und zwang mich eine Zeit lang zum ständigen Einnehmen von Schmerzmitteln.
Neben dem täglichen Üben auf der Orgel (Tonleitern, Mozart) habe ich das Schreibmaschinen-Lernprogramm auf dem PC aktiviert. Es eignet sich bestens zum Trainieren der Finger der rechten Hand. Auch sonst sind die Finger ständig in Bewegung. Massagen und Colour-Tuning beim Heilpraktiker ergänzen die Therapie. Auch das tägliche Radeln auf dem Heimtrainer, wobei mir Lesen die Zeit verkürzt. Bewegung soll auch das Gehirn aktivieren. Das ist also meine selbstgestaltete "REHA". Kurz nach der Entlassung habe ich für eine halbe Seite am PC Text ca. 2 Stunden benötigt. Schon das Bedienen der Maus bereitete mir große Schwierigkeiten. Jetzt geht es schon etwas flotter. Hustenreize und Schluckbeschwerden nehmen kaum ab.
6. Der „mündige Patient“ Er wird regelmäßig im Gesundheitsgespräch erfreut begrüßt als jemand, der sich informiert zeigt und nicht alles stumm über sich ergehen lässt. Für einen solchen halte ich mich auch deshalb, weil ich als ehemaliger Prüfer im Deutschen Patentamt ca. 30 Jahre lang u. a. in medizinischen Sachgebieten tätig war (Puls- und Blutdruckmessgeräte, Endoskope, Krankentransport und -lagerung, Zahnprothesen, Inhalationsgeräte). Mein Interesse an allen mich betreffenden Maßnahmen und Aktionen in der Klinik zeigte ich unentwegt. Trotzdem erhielt ich nur ein Minimum an Informationen, besonders über die bei der 2. OP erlittenen Schlaganfälle. Höhepunkt war die Entlassung nach der 2. OP. Der Klinikbericht wurde nur meinem Hausarzt zugestellt, der ihn nicht an mich weitergeleitet hat, so dass ich ohne Angaben zum OP-Verlauf und ohne Verhaltensanweisung blieb. Weitere unangenehme bis schmerzhafte Folgen erspare ich mir zu erwähnen. Die Klinik berief sich auf die „Üblichkeit“, nur den Hausarzt zu informieren. Ich legte ihr dringend nahe, diese Praxis zu ändern, zumal im vorliegenden Fall neben dem Postweg Fax und E-Mail zur Verfügung standen. Trost fand ich im Bericht meines Wohnungsnachbarn, der als Anästhesist bei der 1.OP mitgewirkt hatte. Ihm sei es als Arzt und Begleiter seiner behandlungsbedürftigen Ehefrau nicht anders ergangen. Sollte die Mehrzahl der Ärzte sich alles andere wünschen als mündige Patienten, undzwar deshalb,weil sie zu viel fragen und daher unbequem sind, und Zeit beanspruchen?
7. Sport und Glück Dennoch, ich habe Glück gehabt, mit dem fähigen Chirurgen und mit der Gabe meines Schöpfers oder meiner Schöpferin? Mir wurde ein biologisch (bisher) relativ jung bleibender Körper geschenkt. Als die befragten Chirurgen mein Alter (82) entdeckten, stockten sie zunächst – ließen aber dann die Bedenken fallen. Meine Fitness war kein Zufall. Mein Leben war geprägt von Sport. Als 15-jähriger war ich im Turnverein und Vorturner in der Schule. Nach dem Krieg und Gefangenschaft wieder im Turnverein mit Teilnahme an Wettkämpfen. Nach dem Studium in München Tennis und Basketball sowie mehrere Jahre lang Skilehrer bei Sportscheck und schließlich seit 1955 Steptanz mit ca. 40 Auftritten in München. Das tägliche Radeln hielt mich fit, um beim Tanzen neben den wesentlich jüngeren Tänzerinnen zu bestehen. 80-jährig hörte ich auf mit dem wöchentlichen Tanztraining und gönnte endlich meinem Rücken Schonung. Vor 80 Jahren war die Diagnose "Beckenschiefstand (Skoliose) noch nicht bekannt. Folglich blieb ich lebenslang ohne die geeignete Therapie - oder sie kam zu spät.
2 Wochen nach der Entlassung aus der Klinik hatte ich das Schwimmen im hauseignen Becken wieder aufgenommen, mit Hechtsprung und Tauchen bis zum Beckenende. Der Sturz zwang mich zur Pause. Dafür begann ich wieder das tägliche Radeln auf dem Heimradl. Ein neuer Kurs in der VHS „Modeschmuck mit Halbedelsteinen“ stand auch auf dem Programm (kurz nach den OPs) und wird mir im kommenden März wieder volle Konzentration abverlangen.
8. Das Fazit Zur Zeit (Januar 2011) stehen Kieser Training, Ergo-Therapie, Massagen, abends lesend Radeln mit anschließendem Warm- + Kaltduschen, Buchstaben-Training (PC), Lesen (6 von 12 Zeitschriften habe ich wegen der Leseschwierigkeiten gekündigt), erweitern des Internetauftritts (Website) und Orgelspielen auf der Tagesordnung. Als Konsequenz aus dem verschlechterten Sehen habe ich kurzfristig das Auto verkauft und das alte Fahrrad entsorgt. Einen Fast-Zusammenstoß mit einem Straßenkonkurrenten nahm ich als Warnung. Zeugen des Fastzusammenstoßes berichteten mir zwar, der war viel zu schnell. Trotzdem.
Meine mentalen Gegner sind Schmerzen in Kopf, linkem Auge, Nacken, rechte rHand, Rücken und Becken. Der Tinnitus wird dadurch überdeckt. Im März beginnt wieder der Kurs „Designerschmuck aus Perlen und Halbedelsteinen“ in der VHS, auch eine gute Übung für die rechte Hand. Ab Mai Schwimmern und Tauchen in der Wohnungsanlage. Ich möchte das Kraulschwimmen erlernen, um die geschädigte Halswirbelsäule zu schonen. Mit Hartnäckigkeit, Ausdauer und viel Geduld hoffe ich, wieder der alte Alte zu werden.
10. CT-Aufnahme vom Brustraum vor der OP (folgt)
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