Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Gehirn - Geist / Artikel Kittel / L. zu L. zu Psychologie ..
 

  < zurück erweiterte Suche Seite drucken
 

"Psychologie und Hirnbildgebung"
 Leserbrief zum Leserbrief von Professor Dr. Hans J. Markowitsch (F.A.Z.-Feuilleton vom 07.07. 2005) von Ingo-Wolf Kittel

 

zum Leserbrief von Professor Dr. Hans J. Markowitsch (F.A.Z.-Feuilleton vom 07.07.2005) zu: "Hört auf mit der Effekthascherei" von Christian Geyer im F.A.Z. Feuilleton vom 16. 06.2005 (siehe Hinweis auf das „Manifest der Psychologen“, unten) schreibt Ingo-Wolf Kittel.

Prof. Markowitsch scheint ein sportlich gesinnter Hochleistungswissenschaft zu sein. Könnte schon sein, dass sein nicht wenig stolzer Hinweis auf den persönlichen Rekord, die schiere Menge seiner Veröffentlichungen in einer "Leitzeitschrift" seines Faches sei unerreicht, psychologisch geeignet ist, jemanden zu beeindrucken. Seine Befähigung zur Leitung seiner Abteilung am ZiF, Zentrum für interdisziplinäre Forschung in Bielefeld steht nach seinen Ausführungen jedoch ausser Frage: wie ein Leitwolf beisst er Andersdenkenden auf seinem Fachgbiet kräftig in die Waden, wenn er mit seiner ganzen professoralen Autorität die "traditionelle, geisteswissenschaftlich orientierte Psychologie" für "in weiten Bereichen blind und naiv" erklärt. Auf die Reaktion 'naiver' Kollegen von ihm an den Hochschulen bin ich als einer der besonders Naiven, weil in meiner Arbeit als Psychotherapeut völlig ohne Hirnphysiologie auskommender 'Psychologe' ausgesprochen neugierig. Als Fachmann kann ich nur den Kopf schütteln und mich über sein Verständnis von Psychologie wundern: es kann sein, dass die von ihm gesichtete 'black-box' an einem anderen Ort steht als dort, wo er sie sichtet oder – wie eher zu vermuten ist - praktischerweise einfach (im normalen und akademischen Sinn dieses Begriffes) 'unterstellt'.

Seine sachlichen Ausführungen sind allerdings nicht weniger irritierend. In einem ebenso groß auch in der F.A.Z. seinerzeit angekündigten wie vor allem aufgemachten MANIFEST von gleich elf als "bedeutend" - und hierzulande offenbar immer noch unvermeidlich: auch als "führend" - herausgehobenen "Neurobiologen" und " Neurowissenschaftlern" konnte man im Herbst letzten Jahres über die psychologische Relevanz der Hirnforschung ziemlich Ernüchterndes lesen: da ist von "großen Erkenntnislücken" die Rede; In entscheidenden Bereichen sei das Wissen von Hirnforschern sogar "erschreckend" gering; und schließlich - man kann es wohl nicht anders formulieren - outen sich diese Fachleute als in psychologischer Hinsicht geradezu ahnungslos. Im Jargon ihrer cerebralen Pseudopsychologie schreiben sie dort nämlich: "Nach welchen Regeln das Gehirn arbeitet; wie es die Welt so abbildet“, dass unmittelbare Wahrnehmung und frühere Erfahrung miteinander verschmelzen; wie das innere Tun als 'seine' Tätigkeit erlebt wird und wie es zukünftige Aktionen plant, all dies verstehen wir noch nicht einmal in Ansätzen. Mehr noch: es ist nicht einmal klar, wie man dies mit den heutigen Mitteln erforschen könnte. In dieser Hinsicht befinden wir uns noch auf dem Stand von Jägern und Sammlern".

Da ist doch mit Nachdruck zu fragen, ob von einer Forschungdisziplin auf einem derart niedrigem Niveau überhaupt etwas im eigentlichen Sinn 'psychologisch' Relevantes erwartet werden kann, was über die Klärung sog. 'neuropsychologischer' Ausfälle, also der psychischen Störungen, die auf neurologischen Schäden beruhen, hinaus geht... - Angesichts der bisherigen und nach dem zitierten Bekenntnis wenigstens 'bis auf weiteres' nicht zu erwartenden weil nicht zu leistenden Beiträge 'der' Hirnforschung in ihr bereits die - dieses Mal... - "Leitwissenschaft" des 21. Jahrhunderts zu sehen, sogar ein "Zugpferd für kulturelle und gesellschaftliche Umwälzungen", muss das Geheimnis solcher Sensationsjournalisten bleiben, die derartige Fehleinschätzungen 'konstruieren' oder jetz neuro-'wissenschaftlich'(!): deren Gehirne das machen (sollen)! Werden wir danach wohl alle, vor allem unsere vielen Schüler in Zukunft in die Scanner müssen, wenn man nicht mehr auf bisher 'logisch' genannte ausschließlich geisteswissenschaftliche Weise, sondern '(neuro)wissenschaftlich' erklären möchte, wie Denkfehler – oder propagandistische Überzeichnungen... - überhaupt und solche einer derartigen Grössenordnung insbesondere zustande kommen? Ein gigantischer Markt tut sich da für die Grossgerätehersteller auf! Beiden bekannten Ergebnissen der PISA-Studien werden Forderungen aus der Industrie wohl irgendwann auch noch auf uns zukommen. Bisher dachte ich, ausschließlich kleine Kinder spielen 'verkehrte Welt'!

Ingo-Wolf Kittel
Facharzt für Psychother. Medizin, Augsburg

Weitere Veröfentlichungen von Kittel:

http://www.sgipt.org/gesch/kronf.htm

http://www.sgipt.org/medppp/krank/iwk1.htm

http://www.sgipt.org/sonstig/metaph/glaube/iwk_gl.htm

http://www.kirchenkritik.de/archiv/glauben_ohne_glauben.html

 



zum Seitenanfang < zurück Seite drucken