Von Guido Kohlbecher, Neustadt/Wied:
Nanu, DIE ZEIT hat die Ohren gespitzt, das allseits erwachte Sprachbewußtsein belauscht und sich darob über Nacht zur sensiblen Sprachkritikerin und -pflegerin gemausert? Wohlan: mögen die Herren Joffe und Greiner (und andere) solche notwendigen Glossen zur festen Einrichtung machen!
Zum "Bätscheler": vielleicht ist das ja ein Bett-Scheller, der wegen Geistesschwäche den Mäster zum Nachfüttern ruft? In jedem Fall gehört er unter jene albernen und mißtönenden Doinglisch-Monster, für die unsere Angloholiker gerne jedes ästhetische und geistige Feinempfinden unterdrücken: Tatschskrien (Anglophone berühren, wir tatschen ?), gemobbt (mit dem Staubwedel gemoppt?), Win-win (wie Töfftöff?), Wow! (halber Hund?), tu matsch (Sehnsucht nach der Sandkiste?), Lewel (hessisch: Löffel), Muhvieh, Tattu (Hattu Tattu?), Feisskrap (engl. = Gesichtsschrubbe!). Daß wir uns überdies nötigen lassen, zu lispeln (Thirtysomething für Anfangdreißiger) und mit dialektalen Quetschvokalen ( face, know) unsere Hochlautung zu barbarisieren, sei auch geklagt.
Herr Joffe weckt mit seiner Mahnung, "einmal mehr" (once more) aufzugeben, willkommene Aufmerksamkeit für die zunehmend grassierenden Anglotrojanismen, also Scheinverdeutschungen: Sinn/(k)einen Unterschied/seine Hausaufgaben machen, geschuldet sein (nach owing/due statt: zu verdanken, zuzuschreiben etc.), Expertise Kompetenz, Sachverstand), meinen (statt: bedeuten, heißen, besagen; demnächst dann die "Meinung" des Wortes?) u.a., die alle unbemerkt unsere Idiomatik verwirren oder zerstören.
Solchen Fehlentwicklungen ist durchaus mit geschärftem Sprachbewußtsein zu steuern, möglichst schon in der Schule. Möge DIE ZEIT fortan das Ihre dazu beitragen!
Von Hermann Becker, Föhren:
Ihr „Wörterbericht sollte einen festen Platz in der ZEIT bekommen! In Form und Inhalt entspricht er dem, was der französische Klassizismus vom Schreiber verlangt: „Plaire et instruire, mit Wissen unterfüttert Vergnügen bereiten. In unserer „gesundheitsbewussten Zeit nicht zu vernachlässigen ist ebenfalls der therapeutische Effekt, helfen Sie doch zumindest mir dabei, die meinem Sprachgefühl täglich zugefügten Wunden zu lecken und ein wenig süße Rache zu nehmen. Aus der Folterkammer der floskelnden Nachplapperer hier noch ein paar Beispiele:
Aus der DDR eingewandert: andenken. Ich stelle mir das so vor: Da wird ein verantwortlicher Sachbearbeiter gefragt, ob er dieses oder jenes Problem erkannt habe und ob ihm dazu Lösungsansätze eingefallen seien. „Verflucht will ich sein, denkt er sich, „wenn ich auch nur einen Gedanken darauf verschwendet habe!, sagt aber: „Das haben wir in unserem Kollektiv schon angedacht. Dabei bleibt es denn auch, denn Denken ist ungemein gefährlich.
Äußerst beliebt in Schwatzrunden: Sag ich mal. Auch mit der Äußerung einer eigenen Meinung scheint ein erhebliches Risiko verbunden zu sein, weist doch das inflationäre Sag-ich-mal, ausdrücklich darauf hin, für wie mutig der Sprecher sich hält. Ich stelle mir vor, dass jede Meinungsäußerung den Charakter des Vorläufigen hat. Wer mit fertigen Vorstellungen an einer „Diskussion teilzunehmen gedenkt, sollte ihr ehrlicherweise fernbleiben.
Das zur Bildung eines passivischen Adhortativus eingesetzte gehören. Als regionale Erscheinung vielleicht angemessen, aber ziemlich verunglückt als hochsprachlicher Ersatz für sollte … werden: Dieser Missstand/Mensch gehört abgeschafft/eingesperrt! Seis drum. Aber: Dieser Artikel gehört gelesen/Dieses Schwein gehört geschlachtet. Ich mag mich täuschen, die Wendung fiel mir erst auf, nachdem Schröder als Kanzler (drinnen bei den Tieren im Parlament) mahnend zu den „Menschen draußen im Lande sprach.
Die Sättigungsbeilage. Dem kann man nichts hinzufügen oder vielleicht: Das Wort selbst ist derart sättigend, dass man sich fürderhin jeglicher Nahrungsaufnahme entschlagen möchte.
Von Dr. Andreas Schmidt, Dieburg:
Sie sprechen mir mit Ihrem „Meuchelwort aus der Seele man kann gar nicht oft genug die Auswüchse von Dummdeutsch und Denglisch anprangern. Gegen das Marketing-Sprech „Lufthansa Destinationen (Anzeige Seite 12) können sie wohl leider nichts unternehmen. Gegen Anglizismen im eigenen Blatt aber sehr wohl: So ist „nicht wirklich statt eigentlich nicht (Seite 5, erste Zeile) vom gleichen Kaliber wie das von Ihnen zu Recht monierte „einmal mehr, für das sich auch „wieder einmal anböte. Über die Schreibweisen „Tokyo und Shanghai ärgere ich mich jedesmal, besonders wenn ich sie in der ZEIT lesen muß.
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