Wien (OTS) - Der Posten eines Kommissars für Mehrsprachigkeit, den der Rumäne Leonard Orban mit Beginn des nächsten Jahres antreten wird, sei kein "Verlegenheitsjob", wie Kritiker behaupten, stellte heute der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer fest. Allerdings dürfe das Aufgabengebiet des künftigen Kommissionsmitglieds nicht auf die Förderung des Erlernens von Fremdsprachen verkürzt werden, fügte Mölzer, der gestern im Rahmen der Plenartagung des Europäischen Parlaments in Straßburg für eine EU-Richtlinie zur Förderung der Mehrsprachigkeit gestimmt hat, hinzu.
"Der Begriff Mehrsprachigkeit umfaßt vor allem den Schutz und die Bewahrung der historisch gewachsenen sprachlichen Vielfalt Europas. Und diese sprachliche Vielfalt ist auch eines der Hauptmerkmale der Identität Europas", betonte Mölzer. Wenn die sprachliche Vielfalt bewahrt werden soll, dann sei es auch klar, daß dies Geld kostet, meinte der freiheitliche EU-Mandatar, der in diesem Zusammenhang Vorwürfe, ein Kommissar für Mehrsprachigkeit sei eine Geldverschwendung, zurückwies. "Wenn gespart werden soll, dann bieten die Heranführungshilfen für die Türkei und die Förderungen für internationale Konzerne oder die Agrarsubventionen für Großgrundbesitzer wie die britische Queen ein erheblich größeres Einsparungspotential", unterstrich Mölzer.
Zudem sei es eine weitere negative Begleiterscheinung der Globalisierung, daß gerade kleinere Sprachen besonders an den Rand gedrängt würden. "Sprachen wie Finnisch, Maltesisch, Slowenisch oder Gälisch sollen auch in Zukunft einen großen Stellenwert haben. Denn sie sind der Träger einer historisch gewachsenen Identität und damit ein Teil Europas" erklärte Mölzer. Auf jeden Fall müsse verhindert werden, daß zwischen der Algarve und dem Baltikum kleinere Sprachen neben dem heute schon dominierenden Englischen ein Schattendasein führen.
Besonders gefährdet sieht der freiheitliche Europaparlamentarier die Sprachen von manchen autochthonen Volksgruppen in Europa und damit auch deren Bestand. Der Grund dafür liege vor allem im Fehlen eines einheitlichen europäischen Volksgruppenrechts. "Während die Republik Österreich und das Land Kärnten die slowenische Volksgruppe auf vorbildhafte Weise fördern, kennt beispielsweise Frankreich offiziell keine Minderheiten. Bretonisch, Elsässisch oder Korsisch werden bloß als 'regionale Dialekte' bezeichnet", sagte Mölzer.
Augrund der höchst unterschiedlichen nationalen Volksgruppenrechte, die vom Schutz bis zur Leugnung autochthoner ethnischer Minderheiten und der nicht vorhandenen Förderung der deutschen Altösterreicher in Slowenien reichen, sei es daher an der Zeit, endlich ein europäisches Volksgruppenrecht auszuarbeiten. Daher solle der künftige EU-Kommissar Orban mit dieser Aufgabe betraut werden, was gleichzeitig sein Ressort erheblich aufwerten würde, schloß Mölzer.
Mitgeteilt von Dr. Gottfried Fischer [gottfried.fischer1@chello.at] am 16.11.2006
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