Stefan Bach: „Der Doktor ist in Deutschland mit zu viel Prestige aufgeladen. Er fordert: Schluss mit dem Titelwahn:
Der Doktortitel erfreue sich in Deutschland anhaltender Beliebtheit in allen Schichten und Ständen. In den öffentlichen Verwaltungen werde seit jeher betitelt was das Zeug hält. Bei den gehobenen Managementeliten der Wirtschaft, wo es schon zu viele Doktoren gebe, mache sich der Professor breit. Zumeist in Form einer Honorarprofessur oder auch in Österreich oder anderen Ländern verliehen, was dann in einer Fußnote oder Klammer vermerkt werde. …
Bach nennt Bildungsministerin Schavan als offenkundig minder schweren Fall und verweist auf Tausende Dünnbrettbohrer, die um Titel, Karrieren und gesellschaftliches Ansehen fürchten müssen. …
… Vor allem in der angelsächsischen Welt werden wir dafür belächelt.
... Daher sollten wir die Titelhuberei in Deutschland beenden. … Ein wichtiger Schritt wäre es, wenn akademische Grade wie der Doktor oder Amtsbezeichnungen wie der Professor nicht mehr in staatliche Register und Ausweise eingetragen werden. Das Bundesinnenministerium, einzelne Bundesländer und zuletzt die Grüne Bundestagsfraktion haben Initiativen in diese Richtung unternommen. In Behörden, halbstaatlichen Einrichtungen oder im Standesrecht der freien Berufe sollte das Führen von akademischen Graden vor dem Namen verboten werden.
Stefan Bach, Wirtschaftsforscher am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), ist Dr. rer. pol. ("rerum politicarum") und Privatdozent an der Universität Potsdam.
Die Bundesregierung unterstützt diesen Titelwahn, da offenbar in ihren Fraktionen sehr viele Betroffene sitzen. Vor 5 Jahren gelang es sogar nicht einmal einem Regierungsmitglied, nämlich Innenminister Wolfgang Schäuble, Dr., jur., trotz ausführlicher und stichhaltiger Begründung, den den Titelwahn mitverursachenden Doktoreintrag in Pass und Ausweis abzuschaffen. Schäuble war so mutig wie konsequent, denn die akademische Luftblase, der Doktortitel sei Bestandtel des Namens, hatte der BGH vor 50 Jahren platzen lassen. Diese Erkenntnis verblasste jedoch umgehemd mit Hilfe des fest etablierten Doktorlobby-Systems. Einer seiner glühenden Vertreter, Doktor Beckstein aus Bayern, erschien rechtzeitig als "deus ex machina" und bewahrte die deutschen Promovierten vor der Rückstufung in die gesellschaftliche Normalität. (Link 1)
Auch der 2. Versuch, diesmal von der Opposition unter der Federführung von Frau Sager (Bündnis 90/Die Grünen) eingeleitet, scheiterte am Wahnreflex der Regierungs-fraktionen. (Link 2)
Link 1: Dr. Becksteins Titelk(r)ampf - DerZopf bleibt dran
Link 2: Titelsüchtig oder titelbedürftig? Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP bestehen auf Doktoreintrag im Pass - Sagervorstoß gescheitert
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