|
|
Anglais oblige? Englisch als Wissenschaftsprache ist nicht das Problem, sondern der Kotau vor der Wissenschaftssupermacht USA - von Claus Leggewie und Elke Mühlleitner
DIE ZEIT Nr. 31 vom 26.7.2007
|
|
Mit dem irren Slogan »Brain up!« garnierte einst die rot-grüne Regierung ihre sehr deutsche Exzellenzinitiative. An der skurrilen Wortschöpfung zeigt sich schon, wer das erste Opfer der in der Wissenschaftsbürokratie grassierenden Anglomanie ist: das Englische. Diese schöne westgermanische Sprache wurde nicht nur von einer um Worte verlegenen Ministerin geschunden, stündlich bramabarsieren bei unzähligen »Meetings«, »Panels« und »Roundtables« ungeübte Sprecher in einem seltsamen Dialekt vor einem Auditorium, das alsbald kapituliert und abschaltet.
Wer genussvoll Nachteile des Global English oder Basic American aufzählt, sollte zuerst den Nutzen einer Lingua franca anerkennen, den die lateinisch parlierenden Gelehrten des Mittelalters vorgeführt haben. Ihr Erfolg lag auch am Gegenstand, der Theologie, und der überschaubaren Zahl der Sprecher. Heute ist für knapp 400 Millionen Menschen Englisch Muttersprache, für nicht ganz so viele ist es eine geläufige Zweitsprache, und dank der telekommunikativen und touristischen Vernetzung dürfte irgendwann mehr als die Hälfte der Menschheit des Englischen halbwegs mächtig sein einfach weil es praktisch ist. Einige der über 6000 sonstigen Sprachen werden auf der Strecke bleiben, andere mit Hilfe der digitalen Medien in der Sprachnische überleben, und neue Kreolsprachen werden ersonnen werden. Kein Verein zur Rettung der Nationalsprachen in Frankreich, Polen oder Deutschland wird die Ausbreitung des »Globish« noch verhindern.
Zum Artikel
|
|
|
|
|
| |
|