DIE ZEIT: Warum haben deutsche Professoren keine Lust auf ihre Studenten?
Jürgen Zöllner: Ihre Frage ist mir zu extrem formuliert. Allerdings ist richtig, dass die Gleichwertigkeit von Forschung und Lehre, die immer wieder gern beschworen wird, im Hochschulalltag nicht existiert zumindest nicht im tatsächlichen Engagement vieler Professoren. Das hat mit den Karriereaussichten zu tun. Wenn Sie die Anerkennung Ihrer Kollegen wollen, wenn Sie auf eine renommierte Professur berufen werden wollen, können Sie das derzeit nur über herausragende Erfolge in der Forschung erreichen.
Ulrich Herbert: Die Frage, ob der einzelne Professor ein guter Lehrer ist, stellt sich erst in zweiter Linie. Das Hochschulsystem ist extrem unterfinanziert. Die Zahl der Dozenten an den Universitäten wurde in den vergangenen Jahren zurückgefahren, vor allem im Mittelbau. In den Geisteswissenschaften zum Beispiel stieg die Zahl der Studierenden seit 1993 um fast 50 Prozent. Die Professorenschaft wuchs jedoch nicht. Seminare mit mehr als 60 oder 80 Studierenden sind an vielen Orten die Regel.
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Das Gespräch führte Jan-Martin Wiarda.
Jürgen Zöllner (SPD) ist Bildungssenator in Berlin und in diesem Jahr Präsident der Kultusministerkonferenz.
Ulrich Herbert, Professor für Neuere Geschichte in Freiburg, ist Mitglied im Wissenschaftsrat, wo er die Arbeitsgruppe zur Personalstruktur geleitet hat.
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