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Der Quantensprung: die zweifelhafte Karriere eines Fachausdrucks Die sprachlichen Dummheiten sterben nicht aus Von Mathias Senoner
DIE ZEIT Wissen 1996
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Sprachlich haben die Deutschen eine ausgeprägte Vorliebe für die Atomphysik. Wo man hinhört, ist neuerdings vom "Quantensprung" die Rede. Besonders die Politiker schmücken sich mit dem gelehrt klingenden Fachausdruck. Da spricht unser Außenminister von "Quantensprüngen in der türkischen Politik". Bundeswirtschaftsminister Rexrodt diagnostiziert dagegen einen "Quantensprung in der Telekommunikation". Auch anderswo wird quantengesprungen. Ein Musikkritiker preist die neue CD eines Tenorsaxophonisten als "Quantensprung eines Musikers", und der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg vermeldet den "Quantensprung im Cockpit" in einem Bericht über den Airbus A 321.
Auf seinem Weg von der Wissenschafts- in die Umgangssprache hat der Quantensprung einen erstaunlichen Bedeutungswandel durchlaufen. In der Sprache der Evolutionsbiologie würde man sagen: Hier ist eine Mutation entstanden, die sich stark ausgebreitet hat und offenbar bislang noch keinerlei Selektionsdruck unterliegt.
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