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Gehirn - Geist / Gehirn u. Geist ZEIT / 2008/6 / T.Die Gottesfrage
 

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Die Gottesfrage
Religiöser Fundamentalismus fällt nicht vom Himmel. Er ist eine Reaktion auf die kalte Zweckrationalität der liberalen Gesellschaft

DIE ZEIT, 08.05.2008 Nr. 20

Warum spricht auf einmal alle Welt von Gott? Ob es der englische Biologe Richard Dawkins oder der amerikanische Philosoph Daniel C. Dennett ist, der französische Denker Alain Badiou oder der slowenische Philosoph Slavoj Žižek, für sie alle steht der Allmächtige plötzlich wieder auf der Tagesordnung. Genau in dem Moment, als er sich nach seiner aufreibenden Karriere auf seinen wohlverdienten Ruhestand gefreut haben muss, wird er wieder ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit gezerrt. Warum hat meine örtliche Buchhandlung über Nacht eine neue Unterabteilung namens »Atheismus« bekommen? Warum sprießt, wo wir uns doch anscheinend auf dem Weg in ein postmetaphysisches, postideologisches, ja sogar posthistorisches Zeitalter befanden, allerorten die Theologie wie Unkraut aus dem Boden? Können wir all dies fanatischen Islamisten und einstürzenden Türmen zuschreiben?

Ich glaube nicht. Zum einen spielte Religion für den 11. September so wenig eine Rolle wie die Frage der Unfehlbarkeit des Papstes beim Nordirlandkonflikt zwischen Katholiken und Protestanten. Zum anderen versteht der radikale Islam deprimierend wenig von seiner eigenen Religion, und alles deutet darauf hin, dass die Motive für die schrecklichen Attentate vom 11. September eher politischer als religiöser Natur waren. Es könnte aber auch sein, dass der islamische Fundamentalismus den Westen nicht nur mit Blut und Feuer, sondern auch mit einem Widerspruch konfrontiert – dem Widerspruch zwischen seinem eigenen Willen zum Glauben und seiner Unfähigkeit, überhaupt glauben zu können.

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