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Die Seelenkulturrevolution Die deutsche Ärztin Antje Haag lehrt die Psychoanalyse in China. Dort begegnet sie den Traumata aus der Mao-Zeit und Generationskonflikten, die im Westen unbekannt sind
ZEIT vom 27.04.2006
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Vor beinahe zwanzig Jahren wurde in China erstmals ein Workshop über westliche Therapiemethoden veranstaltet. Als ich gefragt wurde, ob ich als Psychoanalytikerin daran teilnehmen wolle, hielt ich das zunächst für eine ziemlich verrückte Idee. Wie sollte eine seelenärztliche Methode, die hundert Jahre zuvor aus dem europäischen Menschenbild entstanden war, in einer Welt wirken können, die eine ganz andere kulturelle Entwicklung hinter sich hatte, die durch den Konfuzianismus geprägt ist und seit Jahrtausenden Einordnung, Unterordnung und Harmonie verlangt und deren Gesellschaft über hundert Jahre in blutigen Auseinandersetzungen gesteckt hatte? China begann sich in den achtziger Jahren gerade von der Katastrophe der Kulturrevolution und ihren Umstürzen zu erholen. Wie konnte für dieses Land eine bürgerliche Errungenschaft Europas geeignet sein, die seit der Antike in einer Tradition wurzelt, die Selbsterkenntnis und Selbstverwirklichung betont und der individuellen Autonomie einen hohen Rang einräumt?
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