ZEIT online: Frau Apkalna, Sie sind als Organistin international erfolgreich. Dabei wird die Orgel meist von Männern gespielt.
Iveta Apkalna: Der Wettbewerb ist für alle Musiker hart, für Männer ebenso wie für Frauen. Im Konzertbetrieb gibt es eben nicht nur Blumen und Gratulationen, sondern auch Kollegen, die immer besser sein wollen als andere. Technische Perfektion allein genügt dazu nicht. Wer das Publikum für sich einnehmen will, muss außerdem viel Charisma besitzen. Die Persönlichkeit des Musikers ist das Fleisch am Skelett seiner Technik. Die Zuhörer wollen spüren, dass auf der Bühne jemand für die Musik brennt, noch bevor er die erste Note spielt. Leider fehlt vielen Organisten diese Ausstrahlung, weil sie sich nicht in erster Linie als Künstler sehen.
ZEIT online: Hängt das nicht auch damit zusammen, dass die große Orgel selbst stärker wahrgenommen wird als diejenigen, die sie spielen?
Apkalna: Richtig, der Organist tritt meist in den Hintergrund, in der Kirche ist er fast unsichtbar. Ich komme deshalb nach Konzerten immer von der Empore zu den Zuhörern hinunter. Mich interessiert, ob sie begeistert, gelangweilt oder enttäuscht sind. Auf der Bühne eines Konzertsaals ist es einfacher, mit dem Publikum zu kommunizieren, auch über die Mimik. Vielleicht haben viele Organisten aber gar nicht den Mut, ihre Emotionen zu zeigen.
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