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»Zu Ende befreien« Die Psychoanalytikerin Margarete Mitscherlich träumt davon, dass die Emanzipation der Frauen vollendet wird und dass es nie wieder so etwas gibt wie das Dritte Reich
DIE ZEIT vom 24.08.2006 Nr. 35
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Ich liebe es zu träumen. Ich träume fast jede Nacht. Das Schönste ist die erste halbe Stunde des Tages, die ich mir manchmal gönne. Da wacht man auf, liegt noch eine Weile im Bett und denkt, aha, so ist das also gewesen. Man versucht sich zu erinnern, spricht mit seinem Gehirn, würfelt seine Gedanken durcheinander, und plötzlich entstehen die besten Ideen. Ich habe ja inzwischen viel Zeit. Ich wohne allein. Etwa dreimal in der Woche gehe ich mit meinem Gehwagen zum Institut. Margarete und ihr Rolls-Royce, sagen die Kollegen.
Der größte Traum meines Lebens ist in Erfüllung gegangen: Nie wieder so etwas wie das »Dritte Reich«. Ich träumte, dass die Deutschen aus ihrer Geschichte lernen, und das haben sie getan. Mein zweiter großer Traum? Die Frauen werden sich irgendwann zu Ende befreien. Ich träume davon, dass eines Tages alle Frauen wirklich frei sind, auch die in den muslimischen Ländern. Denn nur wenn alle Menschen gleich frei sind, können sich Gesellschaften entwickeln und ihr Potenzial entfalten. Mein ganzes Leben lang habe ich mich mit Emanzipation beschäftigt, mit der Befreiung von Zwängen, von Ideologien und Vorurteilen.
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