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Schönes Deutsch: Ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt

Verein Deutsche Sprache e.V. (VDS)
sprachnachrichten Nr. 36/Dezember 2007, S. 17

Was ist ein sprachliches Gesamtkunstwerk? Gemeint ist eine Dichtung, die alle vier (übrigens nicht nur drei) literarische Hauptgattungen gleichzeitig verwirklicht: Wenn es ein solches in deutscher Sprache geben sollte, dann kommt dafür nicht einmal Goethes Faust in Betracht. Dieser ist zwar dramatisch und lyrisch, nur teils auch philosophisch-sachbezogen,
doch sicher nicht episch. Ich kenne nur ein solches Werk: Friedrich Hölderlins Hyperion, das
einzige abgeschlossene Hauptwerk dieses Frühvollendeten.

Der Hyperion wird seit jeher „lyrischer Roman“ genannt und ist in der Tat Erzählung von durchgehend hoher lyrischer Qualität. Darüber hinaus aber stellt er ebenso einen philosophischen Essay in erzählender Form sowie ein Drama dar: letzteres durch seine Briefform wie durch die äußerst spannenden dramatischen Verwicklungen in den letzten beiden der vier Bücher. Diese erschienen, auf zwei Bände verteilt, 1797 und 1799.

Wenige Jahre nach Erscheinen des Hyperion brach Hölderlins psychische Krankheit aus, die
auch eine soziale, ein Leiden an den vorrevolutionären deutschen Zuständen wie seinem persönlichen Liebesdrama war. Im Mai 1807 wurde er in den berühmt gewordenen Tübinger Turm gebracht, wo er die „Hälfte des Lebens“ (wie ein berühmtes Gedicht überschrieben ist), nämlich weitere 36 Jahre, verbrachte. Wir Deutschen sind ihm dieses
200-Jahr-Gedenken umso mehr schuldig, als Hölderlin sich als ausgesprochen „vaterländischen“, das heißt, ganz bewußt auf die deutsche Sprachgemeinschaft
hingeordneten Dichter, verstand. „Ich verspräche gerne diesem Buche die Liebe der Deutschen“, lautet der erste Satz der Vorrede. Es folgt eine kleine Blütenlese aus den 64 Briefen dieses Gesamtsprachwerks, geflügelte Worte, die schon außerhalb des  wohlkonstruierten Zusammenhanges für sich sprechen dürften. Johannes Heinrichs

O, ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt,
ein Bettler, wenn er nachdenkt. (II)

Ja! ein göttlich Wesen ist das Kind, solang es nicht in die
Chamäleonsfarbe der Menschen getaucht ist.
Es ist ganz, was es ist, und darum ist es so schön. (III)

Daß der Mensch in seiner Jugend das Ziel so nahe glaubt!
Es ist die schönste aller Täuschungen, womit die Natur der
Schwachheit unsers Wesens aufhilft. (III)

..............

Zum vollständigen Gedicht

 



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