Eine authentische Komponente des „Systems Kohl" wird kaum angemessen oder oftmals nicht gewürdigt. Sie stellt der frühere Schatzmeister und routinierte Finanzier der CDU, Walther Leisler Kiep, heraus, indem er bekannte, dass er auf Grund seiner genuinen Einblicke in die „Methoden der Unionsparteien" sich „an die Cosa Nostra" erinnert wisse (Goetz, Neumann; Schröm: „Allein gegen Kohl, Kiep & Co.", Links Verlag, 2. Auflage 2000, Seite 167). Diese ohnehin schon horrende Bewertung präzisiert und übertrifft noch der frühere Redenschreiber des Bundespräsidenten Richard von. Weizsäcker, der CDUAbgeordnete Friedbert Pflüger, mit seiner schockierten Feststellung, die Mafia unterscheide sich dadurch vom illegalen Finanzierungssystem der Union, dass sie sich wohl kaum erdreistet hätte, „jüdische Vermächtnisse als Grund für ihren Reichtum zu nennen" (Pflüger, „Ehrenwort. Das System Kohl...", DVA 2000, Seite 95). Daraus folgere ich: Die Schwarzgeldaffäre Kohls ist deutlich unter dem „moralischen Niveau" des organisierten Verbrechens angesiedelt.
Unbestreitbar ist, dass weder Kiep noch Pflüger dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl während seiner 16-jährigen Amtszeit täglich stundenlang „über die Schulter geschaut" und seine Aktivitäten lückenlos kontrolliert hätten. Beider authentische Kenntnisse der Tathandlungen Kohls müssen begrenzt heißen. Da Kiep und Pflüger jedoch allein schon wegen ihres eingeschränkten Informationsstandes sich zu ihren verheerenden Beurteilungen der Parteispendenaffäre und ihrer Verantwortlichen autorisiert wissen, kann der kritische Zeitzeuge sowohl Qualität als auch Quantität der Machenschaften Kohls - entsprechend weit über den Rahmen der Bewertungen beider Unionsmitglieder hinaus - realistisch dimensionieren.
Hilfreich vermag sich der Bürger dafür an den Feststellungen orientieren, die ein Genie im Sammeln und Einsetzen solcher „Erkenntnisse" äußerte: der frühere Chef der amerikanischen Bundespolizei FBI, Edgar Hoover. Dieser trug vor, er habe so viel Nachrichtenmaterial über Präsident John F. Kennedy angehäuft, dass er damit drei Präsidenten stürzen könnte. Vergleichbar erklärte eine Schlüsselfigur in der Elf-Aquitaine-Korruption, der ehemalige Direktor des französischen Staatsunternehmens, Alfred Sirven: Mit seinem Wissen könne er die Republik „zwanzig Mal in die Luft sprengen". Nicht unähnlich lautet das gemeinsame Urteil von Willy Brandt und dem damals (1992) amtierenden Bundeskanzler Kohl über das Informationspotenzial in den Stasi-Akten: Gelangten daraus Einzelheiten an die Öffentlichkeit, könne das sich wie eine „brisante Sprengbombe" auswirken, „deren Detonation die Grundfesten des Staates erschüttere":
Um derartige Katastrophen von vornherein auszuschließen, ist das Transparenzgebot des Grundgesetzes umfassend auszuweiten, sodass dem Bürger kritische Souveränisierung ermöglicht und authentische Information über das tatsächliche Regierungshandeln oder Herrschaftswissen zugänglich gemacht wird. Dann ist Aktenvernichtung sinnlos und Aufklärungsarbeit von Untersuchungsausschüssen in kürzester Zeit erfolgreich.
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