Sehr verehrte Frau Zimmer,
heute Nacht las ich auf den Netzseiten des BR, daß Sie eine Stufe höher gelandet sind. Das freut mich für Sie, und ich möchte Ihnen dazu, nicht auf Schwammdeutsch einen "herzlichen Glückwunsch" ausdrücken, sondern meinen Anerkennung aussprechen. Denn ohne Leistungsnachweis werden Sie ja nicht befördert worden sein.
Wie üblich habe ich heute das Tagesgespräch mit Herrn Schäuble verfolgt, das Sie wieder erfolgreich moderiert haben. Aufgefallen ist mir dabei, daß Sie - auch ganz gegen die Gewohnheit so mancher Kollegen in der Redaktion - Herrn Schäuble ohne akademische Verzierung vorgestellt und angeredet haben. Ich kann mir das nur dadurch erklären, daß Herr Schäuble Ihnen dies vor der Sendung empfohlen hat. Immerhin blieb den Zuhörern erspart zu raten, auf welches Sachgebiet Herr Schäuble sein Fachwissen seinerzeit konzentriert hat. Es ist ja leider - nicht nur im Tagesgespräch - unüblich, dies dem Höher zu verraten.
Auch beim anderen telefonischen Gast, Herrn Gießmann, der zwar angeblich Friedensforschung betreibt und dessen (im Gegensatz zu einem akademischen Grad, der erworben wird, verliehenen und nicht einmal im Paß eintragbaren) Professorentitel Sie beständig erwähnten, blieb sein akademisches Fachwissen ungenannt und daher dem Zuhörer verborgen. Sie machen da übrigens keine Ausnahme. Gibt es diesbezüglich etwa eine Anweisung von "oben"? Ein Anhalt dafür geben die Namenslisten der einflußreichen Damen und Herren im BR. Darin werden ebenfalls sowohl Rechtsprechung als auch protokollarische Gewohnheiten bezüglich akademische Grade mißachtet. So wird bspw. der Name des sehr geschätzter Intendanten, Herrn Thomas Gruber, grundsätzlich nur mit akademischer Verzierung (7 mal in 22 Zeilen) genannt und sein Promotionsfach zum Deuten offengelassen. Das beharrliche Weglassen der Fakultät muß doch den Verdacht nahelegen, daß etwas verschwiegen werden soll. Rundfunkrat, Verwaltungsrat, bis auf Herrn Badura, der seine juristische Promotion offenlegt, gibt es nur verstümmelte Dr.-Grade. Sind die etwa alle gekauft? Seit dem Wirken eines Herrn Bossle in Würzburg und der weiten Palette osteuropäischer Angebote zum Erlangen akademischer Würden scheint auch diese Erwerbsmöglichkeit in Frage zu kommen. Müßten nicht gerade die Promovierten, die Ihren Grad redlich erworben haben, um Klarheit und Offenheit bemüht sein?
Für Ihre neue Position, liebe Frau Zimmer, wünsche Ich ihnen alles Gute. Hoffentlich erreichen Sie in ihr nicht die sog. Inkompetenzstufe, vor der Laurence J Peter & Raymond Hull in ihrem Buch "Das Peter-Prinzip" warnen. Meine Hinweise werden Sie sicher wieder gelassen ertragen, und daher habe ich keine Bedenken, daß Sie mir weiterhin gewogen bleiben.
Mit freundlichen Grüßen Ihr Ulrich Werner
Ausführliche Informationen zum Thema Akademische Grade.
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