sehr geehrter herr dipl.-ing. ulrich werner,
ihre webpage, insbesondere zum thema "akademische grade" ist ihnen bestens gelungen. die schriftwechsel mit etlichen doktoren haben mich in meiner auffassung nur bestätigt, daß sich etliche hochstapler auf dem gebiet der doktoren tummeln. so kann man davon ausgehen, daß zwar alle diplom-grade rechtmäßig von ihren trägern erworben worden sind, jedoch mitnichten ist dies bei den doktor-graden der fall. im übrigen darf ich zu ihrer unterstützung darauf hinweisen, daß "doctor" im altertum für "lehrer" stand. und lehrer sind heute gemeinhin pädagogen. im übrigen spreche ich nur von mir hochgeschätzte personen mit dem doktor-titel an (bei denen weiß ich, daß sie diesen grad rechtmäßig erworben haben). und noch eines: demnächst werde ich, so hat es den Anschein, den akademischen grad eines "diplom-volkswirtes (univ.)" tragen. und das mit stolz. dazu darf ich mich auch noch verwaltungsfachangestellter nennen, da ich diesen beruf vor beginn des studiums erlernt habe. herr werner, ich möchte die doktoren sehen, die auch eine abgeschlossene berufsausbildung nachweisen können. die können sie nämlich an einer hand abzählen.(nur in der DDR gab es dies häufiger). so kann ich demnächst sowohl einen berufsabschluß als auch einen akademischen grad vorweisen. also herr werner, keine panik wegen diesen eitlen doktoren. setzen wir denen mit recht unsere diplom-grade und unsere berufsabschlüsse entgegen. nebenbei bemerkt, nichts, aber auch gar nichts wissen die doktoren mehr als jemand mit diplom-grad. daran glauben doch nur sie selbst. herr werner, sie sind akademiker, seien sie stolz darauf. niemand kann ihnen dies nehmen. führen sie diesen grad auf visitenkarten, türschildern, krankenversicherungskarten etc. schließlich haben sie in diesen abschluß fünf (oder weniger?) jahre investiert. und zuguterletzt: doktor-titel kann man an jeder ecke erwerben! ich würde mich über eine antwort bzw. reaktion von Ihnen sehr freuen!
mit akademischem gruß d. p. (angehender nationalökonom)
----------------------------------------------
Sehr geehrter Herr P.,
Dank für Ihre Zuschrift und für die aufmunternden Worte, auch für Ihre Zustimmung. An Selbstbewusstsein fehlt es mir sicher nicht, zumal ich in meinem so ziemlich langen Leben erlebt habe, welche Blindgänger unter den Promovierten herumlaufen. Demgegenüber bin ich mir meiner eigenen Leistung bewusst, wie ich sie auf der Seite zu meiner Person angedeutet habe. Ich will zwar nicht generell die Leistung der Promovierten in Frage stellen, ich wehre mich nur gegen die Bevorzugung und die Sonderstellung der Promovierten gegenüber den diplomierten Akademikern. Leider herrscht im Volk immer noch die irrige Auffassung, der Dr.-Titel sei Bestandteil des Namens.
Ich habe mich mit diesem Thema erst beschäftigt, als ich im Deutschen Patentamt erlebe musste, wie sich die Prüfer, alle selbst Akademiker, untereinander ständig mit dem Dr.-Titel anredeten. Nach Kenntnis der BGH-Entscheidung (im Jahre 1962) ließ ich ihn sofort grundsätzlich weg, auch bei meinen Ärzten, ohne dass die "Betroffenen" Schaden an Leib und Seele nahmen. Meine anfängliche Beklemmung legte sich mit der Zeit. Meine auffällige titellose Anrede der Kollegen in der Abteilung und im Amt fand ich innerhalb von 30 Jahren (!) nicht einen einzigen Nachahmer. Auf meinem Türschild habe ich nach erfolglosem Antrag bei der Amtsleitung den akademischen Grad und die Dienstbezeichnung (Regierungsdirektor) eigenmächtig entfernt.
Nach einer Anzeige in der Süddeutschen Zeitung, wonach "Dr." für "Doktor" steht und "Di." für "Dipl.", was als "Diplom" oder "diplomiert" gedeutet werden kann, setzte ich das Kürzel „Di. vor meinen Namen. Der Nebeneffekt: ich werde bei Ärzten und in der Werbung meistens mit dem Dr-Titel angesprochen bzw. angeschrieben. Anfangs habe ich den Titel mit der Bemerkung berichtigt, ich sei sogar diplomiert. Doch inzwischen lassen ich diese (falsche) Anrede über mich ergehen, weil der Herr "Dr." bekanntermaßen immer noch ein höheres Ansehen genießt als der diplomierte Ingenieur, dessen akademischer Grad (Dipl.-Ing.) meistens als Berufsbezeichnung missbraucht wird. Ich bin jederzeit bereit, auf die Erwähnung meines Titels (wie früher) zu verzichten, wenn es alle anderen auch täten. Aber solange die Promovierten sich weiterhin mit dem nichtssagenden "Dr." ohne Fakultätsangabe verzieren lassen, verhalte ich mich analog. Das kann ich Ihnen auch empfehlen. Wenn mir auf einer Party ein "Herr Dr. Meier" vorgestellt wird, antworte ich sofort mit "Hallo Herr Meier". Auch den "Prof."-Titel ignoriere ich grundsätzlich. Ich frage allenfalls nach der Fachrichtung. Probieren Sie es einmal.
Mit freundlichen Grüßen (Di.) Ulrich Werner
|