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Ein Sozusagen–Sager: Ich sag es so, nicht anders, sozusagen. 
Wieder ein Blähwort zum Verhunzen der deutschen Sprache

 

Nicht nur die Welt, auch die Sprache wird durch Müll verschmutzt. Und der entsteht durch nichtssagende Floskeln sowie durch Schwamm-, Füll- und Blähwörter. Eine Gesundheitsgefährdung bewirkt Sprachmüll nicht, aber er verschmutzt die Kultur eines Volkes. Das Adverb „sozusagen“ kann bei korrekter Anwendung hilfreich sein,  ist aber beim gedankenlosen Mißbrauch ein  Blähwort, wie „ich sag’ mal“, „ich denke“ und „ich würde ...“.

Die Wörterbücher zu „sozusagen“:

Mackensen Deutsches Wörterbuch 1955:
gewissermaßen
Duden Bedeutungswörterbuch 1985: man könnte es so nennen, wenn man so sagen will
Der Große Duden, VEB Leipzig 1985: gewissermaßen, aber:  (mit Hinweis auf die Getrenntschreibung) er versucht es so zu sagen, daß es jeder versteht
Wahrig Deutschen Wörterbuch 1986: gewissermaßen, wenn man es so ausdrücken will, obwohl es nicht ganz richtig ist
Duden Deutsches Universal Wörterbuch 1989: könnte es so nennen; nicht genau ausgedrückt, aber in der Hauptsache; gewissermaßen, nahezu;
Bertelsmann, die neue deutsche Rechtschreibung 1996: wenn man es so ausdrücken will, gewissermaßen, gleichsam
Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache 2000: drückt die vorsichtige, distanzierte Einstellung des Sprechers aus, mit der er seine Aussage relativiert / “wenn ich das so ausdrücken darf“
Bertelsmann, Wörterbuch der deutschen Sprache 2004: wenn man es so ausdrücken will, gewissermaßen, gleichsam

Die Bedeutungen zusammengefaßt:

· gewissermaßen
· nahezu
· gleichsam
· man könnte es so nennen
· wenn man es so sagen/ausdrücken will/darf
· wenn man es so sagen/ausdrücken will, obwohl es nicht ganz
  richtig ist
· nicht genau ausgedrückt, aber in der Hauptsache
· drückt die vorsichtige, distanzierte Einstellung des Sprechers
  aus, mit der er seine Aussage relativiert

Der Begriff „sozusagen“ bedeutet somit das Eingeständnis, ein Wort, einen Begriff oder einen Satz zu verwenden, womit das gemeinte Objekt nicht richtig oder nicht ausreichend beschrieben ist.

Fällt Ihnen also das treffende Wort nicht ein oder kennen Sie nicht die richtige Bezeichnung für das, was Sie sagen wollen? Kein Problem! Abhilfe schafft der Ausdruck „sozusagen“. Laut Definition hilft es, einen sprachlichen Mangel zu verdecken. Setzten Sie also das Adverb einfach vor den Ausdruck, den Ihnen Ihr Gehirn gerade liefert. Der Zuhörer wird, falls er Ihren Gedankenfehler überhaut bemerkt hat, Sie schon richtig verstehen. Sein Gehirn sucht zum Kontext Passendes und glättet den Sinn Ihrer Rede. Wahrscheinlich wird er Ihr Eingeständnis unzutreffender Wortwahl überhören oder tolerieren. Allerdings geben Sie mit jeder Wiederholung von „sozusagen“ zu erkennen, daß Sie von der Sache wenig verstehen oder die deutsche Sprache nicht beherrschen.

Bedenklich ist der häufige gedankenlose und fast schon automatische  Gebrauch von „sozusagen“. Der Zuhörer merkt das überflüssige „Blähwort“, weil ihm kein unklares oder unverständliches Wort aufgefallen ist.

Die Sozusagen-Sager verhunzen die Sprache, behindern das Zuhören, erzeugen Unwillen und lenken vom Text ab. Mit der Verbreitungsmacht der Medien infiziert die Sozusagen-Seuche die Sprachgemeinschaft und fördert den Verfall der deutschen Sprache.    

Das tägliche Tagesgespräch im Bayerischen Rundfunk ist ein eindrucksvolles Gesprächsforum für Sozusagen-Sprüche. Auch der von mir sehr geschätzte Hirnforscher Manfred Spitzer kann das „sozusagen“ in seiner Freitagssendung „Geist & Gehirn“ in BR-alpha nicht vermeiden. Nach meinem Hinweis, er würde seine klare und verständliche Rede als ungenau hinstellen, gelobte er Besserung, vergeblich. Mit seiner indirekten Selbstbezichtigung unklarer Sprache entwertet er seine Darlegungen. Der Zuschauer versucht das überflüssige Blähwort zu ignorieren, ebenso wie die regelmäßige Störung durch den im Studio vor Spitzer hin- und herbewegten sich drehenden Gipskopf.

 



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