Antwort auf mein Schreiben vom 26.04.2004
Joachim Stünker Mitglied des Deutschen Bundestages Rechtspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
8. Juni 2004
Führung akademischer Grade
Sehr geehrter Herr Werner,
haben Sie vielen Dank für Ihre an den Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Franz Müntefering, gerichtete E-Mail vom 26. April 2004, welche zuständigkeitshalber an mich weitergeleitet wurde. Als rechtspolitischer Sprecher meiner Fraktion nehme ich zu Ihrem Anliegen gerne Stellung.
In Ihrem Schreiben kritisieren Sie die gängige Praxis der örtlichen Behörden, den Doktorgrad in der Kurzform „Dr." ohne weiteren Zusatz in die Ausweispapiere einzutragen und verweisen dabei auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere auf das Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 1962, abgedruckt in BGHZ 38, 386, sowie auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, abgedruckt in BVerwGE 5, 291, 293.
Zunächst einmal ist es richtig, dass akademische Titel und Berufsbezeichnungen nicht Teil des bürgerlichen Namens sind (BGH NJW 1958, 2112). Daraus lässt sich jedoch nicht schlussfolgern, dass die Eintragung eines akademischen Grades in Ausweisdokumente generell unzulässig ist oder gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verstößt. Die Eintragung eines Doktorgrades in den Reisepass und Personalausweis findet seine rechtliche Grundlage in § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 PassG, § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 PAuswG und Nr. 6.2.2.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Passgesetzes (PassGVwV) und basiert auf „tatsachlicher Übung".
Wie sich bereits aus der Begründung der Gesetzentwurfe ergibt, wurde damit „die derzeitige Verwaltungspraxis gesetzlich verankert" und der Tatsache, dass der „Doktorgrad ... im täglichen Leben ... in der Regel neben dem Namen verwendet" wird, Rechnung getragen (BT-Drucks. 10/3303, S. 12, 10/5129, S. 5). Dass der Doktorgrad lediglich in der Kurzform „Dr." eintragungsfähig ist, orientiert sich daran, dass der Titel gerade in dieser Form im täglichen Leben neben dem Familiennamen verwendet zu werden pflegt und beruht daher ebenso wie die Eintragungsfähigkeit selbst auf der „tatsachlichen Übung".
Die Führung eines akademischen Grades trifft - wie Sie selbst richtig bemerken - selbstverständlich keine Aussage über die berufliche Leistungsfähigkeit. Ich bitte deshalb um Verständnis, dass ich mich Ihrer Auffassung, die darin eine Herabsetzung von Bürgerinnen und Bürgern ohne akademische Grade zu erkennen glaubt, nicht anschließen kann.
Mit freundlichen Grüßen Unterschrift Joachim Stünker, MDB
Meine Antwort an Herrn Stünker
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