Um eine angeblich „deutschsprachige Kulturtradition zu bewahren plant die deutsche Bundesregierung, in Ausweis und Paß in der Namenszeile den Doktorgrad in Form der zwei Buchstaben „D und „r. (Dr.) einzutragen, also nicht einmal als vollständige Bezeichnung. Der seit ein paar Jahrzehnten übliche Eintrag des Doktorgrades im Paß kann eher als genau solang währende Mißachtung der Rechtsprechung des BGHs gesehen werden. Über diese eines Rechtsstaates pflegeunwürdige Tradition wird der Mantel der Eitelkeit ausgebreitet. Wie sonst soll die Maßnahme begründet werden, in einem Ausweisdokument Daten aufzunehmen, die NICHT zur Identifikation der Person erforderlich sind und nur dem Zweck dienen, auf eine vor einiger Zeit vollbrachte wissenschaftliche Leistung unbekannter Art und Qualität hinzuweisen?
Sollte die der diesbezüglichen EU-Verordnung widersprechende Absicht der Bundesregierung die parlamentarische Hürde nehmen und der Doktorgrad weiterhin im Paß eintragbar bleiben, dann ist die Bundesregierung verantwortlich dafür, daß nach wie vor
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amtliche Dokumente für erkennungsdienstlich irrelevante Angaben mißbraucht werden,
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das Ansehen des Bundesgerichthofs auf Dauer beschädigt wird,
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der Titelhandel staatlich indirekt gefördert wird,
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der Gleichheitsgrundsatz im Bereich akademischer Grade außer Kraft gesetzt ist,
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der wegen besonderer wissenschaftlicher Leistung verliehene Doktorgrad allen trotz Minderleistung und auf dubiose Weise erworbenen Graden gleichgestellt wird,
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das Vorurteil bestätigt und gefördert wird, doktorverzierte Akademiker wissen, können, und leisten lebenslang mehr und Besseres als Titellose, bis zum Beweis der Wahrheit.
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die seit einiger Zeit durch die Doktor-Eintragungen im Paß gewaltig angestiegene Belastung der Verwaltungsbehörden, offiziell als Grund für den Wegfall der Eintragung hervorgehoben, erhalten bleibt. Sie wird mit staatlicher Unterstützung sogar zunehmen,
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sie als Therapeut für Akademiker tätig wird, die das Dr.-Kürzel als Symbol für ein Ereignis unbekannter akademischer Qualität sogar im Paß benötigen, um ihr Ansehen mangels gegenwärtiger Leistungen zu heben, und
- die Bundesbürger die Trägheit der Bundesregierung beim Erkennen der Erfordernisse der Gegenwart bedauern.
Hier sind die wichtigsten Punkte erläutert.
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Über das deutschen Titelwesen
Das Ansehen Deutschlands wird keinesfalls dadurch gefördert, daß auch das neue Paßgesetz mit einer Regel versehen wird, die zur Beschreibung deutschen Brauchtums im 20. Jahrhundert gehört.
Peter Dominik
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