An SZ-München 18.7.11
Leserbrief zu „Dr. Mustermann, SZ vom 15.7.2011 von Johan Schloemann
über 50 Jahre mussten vergehen, bis die skandalöse Missachtung der Rechtsprechung höchster deutscher Gerichte (BVG und BGH) von Bundesregierung, Parlament, Parteien, Institutionen und Medien öffentlich zur Sprache gekommen und beachtet worden ist. Die Sorge um das in jüngster Zeit in Verruf geratene deutsche Promotionswesen veranlasste Krista Sager von den Grünen medienwirksam auf die unbegründete und kleinkarierte deutsche Eintragungspraxis des Doktorgrades in Pass und Ausweis hinzuweisen, Sogar die SZ hat sich dazu aufgerafft, dieses von mir wiederholt angemahnte Thema aufzugreifen.
Herrn zu Guttenberg und den anderen Plagiatoren steht allerdings der zweifelhafte Verdienst zu, den eigentlichen Grund für die Gier nach dem Doktortitel ins Bewusstsein der Normalbürger gebracht zu haben. Es ist der mangels Aufklärung noch immer weit verbreitete Irrglaube, der Doktorgrad sei Bestandteil des Namens und damit wichtiges Signal für besondere Bildung und besonderen beruflichen und gesellschaftlichen Status, und zwar häufig unbegründet, aber dennoch lebenslang geltend und beachtet. Gerade das ist der Grund für die Gier nach dem Titel.
Ironie der Geschichte: Wäre die Abstimmung im Bundesrat im Jahre 2007 über das vom damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble ausgearbeitete neue Passgesetz ein paar Monate später erfolgt, hätten wir bereits vier Jahre keinen Passeintrag des „Dr. mehr. Der damals einsprechende Traditionsguru Günther Beckstein wäre nicht mehr im Amt gewesen.
Ulrich Werner
Das deutsche Titelwesen
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