(01) Gerhard Roth: "Das Gehirn und seine Wirklichkeit". Suhrkamp, Frankfurt - seit 1994 in vielen Auflagen; in der TB-Ausgabe (stw 1275) von 1997 auf S. 329f;
(02) "Das Problem der Willensfreiheit - Die empirischen Befunde." Information Philosophie 32(2004)5, 14-21, hier mitsamt Stellungnahme und weiteren thematisch dazu gehörenden Artikeln zu erreichen.
(1) wie hier angegeben. Der dazu hier erreichbare Text weist als Titel "Entscheidungsgrundlagen" aus und enthält einen wesentlich umfangreicheren Text als die von der FAZ auf oder hier online gestellten Fassung, die wiederum nur die Titelzeile der Druckfassung der Printausgabe FAZ vom 8. Januar 2004 angibt; nur dort wird im Untertitel auch der übrige Teil des Gesamttitels widergegeben.
Der schon frühzeitig hier gestellte Gesamttext trägt online den Titel "Selbsterfahrung und neurobiologische Fremdbeschreibung Zwei Konfliktträchtige Erkenntnisquellen", unter dem er gedruckt zunächst auch in der DZPhil 52(2004)2, 235-255 erschienen ist; in Christian Geyer: "Hirnforschung und Willensfreiheit - Zur Deutung der neuesten Experimente" Suhrkamp, Frankfurt 2004 (es 2387), S. 30-65 heißt der Titel dagegen: "Verschaltungen legen uns fest: Wir sollten aufhören, von Freiheit zu sprechen."
(2) Interview "Frontalangriff auf unser Selbstverständnis und unserer Menschenwürde" Gehirn&Geist 4/2002, S. 32-35 (auch in: G&G Dossier 1/2003 "Angriff auf das Menschenbild"); hier, s. unten die Verweise auf Beiträge AUS DEM DISKUSSIONSFORUM... (dazu)
(3) Die indogermanische Wurzel 'gheis-' ist ein Verb mit der Bedeutung (er)schaudern, erregt, aufgebracht, ergriffen sein, entsetzt oder 'furchterregt' sein. Es bezeichnete damit ursprünglich keine im heutigen Sinn 'geistige', sondern eine 'emotionale' Reaktion. Die Verschiebung der Bedeutung von 'gheis-' zu der heutigen Auffassung dürfte mit dem Bewusstseinswandels in Zusammenhang stehen, den der verstorbene Princeton-Psychologe Julian Jaynes zu rekonstruieren sucht in seinem psychohistorischen Werk "The Origin of Consciousness in the Breakdown of the Bicameral Mind " (Houghton Mifflin, 1976, 2000; "Der Ursprung des Bewusstseins durch den Zusammenbruch der Bikameralen Psyche." Rowohlt, Reinbeck1988, auch 1993 als 'rororo science' Sachbuch 9529; s. hier, ): als Wechsel des präreflexiven, dem von Kleinkindern in den ersten zwei/drei Lebensjahren wohl ähnlichen oder gleichen und vollständig wahrnehmungsbezogenen Bewusstseinszustand zu dem reflexiven Bewusstsein, das wir als Erwachsene kennen und heute als selbstverständlich ansehen.
(4) "Ein neues Menschenbild? - Gespräche über Hirnforschung" Suhrkamp, Frankfurt 2003 (stw 1596) S. 34 in dem Interview "Das Ende des freien Willens?" Ursprünglich in: Spektrum der Wissenschaft 02/2001 S. 75, erneut in: SdW Dossier 2/2002 "Grenzen des Wissens" S. 45.
(5) "Selbsterfahrung und neurobiologische Fremdbeschreibung Zwei konfliktträchtige Erkenntnisquellen". DZPhil 52(2004)235-255; hier - zu weiterem s. Anm. (1)
(6) s. Max R. Bennet und Peter M. S. Hacker: "Philosophical Foundations of Neurosciene." Blackwell, Oxford 2003, repr. 2004; dazu jetzt: "Hirnforschern aufs Maul geschaut." Interview mit Peter M. S. Hacker in: Gehirn&Geist 5/2004 S. 43-45, hier (s. a. S. 2 hier). Eine differenzierte Darstellung der Problematik grundlegendster Annahmen in der Hirnforschung haben Andreas K. Engel und Peter König vorgelegt in ihrer Arbeit: "Das neurobiologische Wahrnehmungsparadigma. Eine kritische Bestandsaufnahme." In: Andreas K. Engel und Peter Gold (Hrsg.): "Der Mensch in der Perspektive der Kognitionswissenschaften." Suhrkamp, Frankfurt 1998 (stw 1381), S. 156-194, hier.
Auf der anderen Seite ist - vielleicht erstmals überhaupt - von dem Münchener Philosophen Thomas Buchheim (in: "Die Grundlagen der Freiheit - Eine Einführung in das 'Leib-Seele-Problem' " Philos Jb 111(2004)1-16; hier) auf den psychologisch gesehen selbstverständlichen Umstand hingewiesen und ausgeführt worden, dass es sich bei allem, was traditionell bisher unter Bezeichnungen wie Geist, Seele, Psyche, mental usw. thematisiert wurde, recht besehen um Tätigkeiten, also um Eigenaktivitäten von uns handelt, die wir als geistiges Tun von leiblichen Bewegungen unterscheiden. Der cartesianische Dualismus zwischen beides Mal als (noch dazu unterschiedliche) Substanzen aufgefasster 'res extensa' und 'res cogitans' wird der wörtlichen Bedeutung des zweiten Ausdrucks entsprechend damit überwunden bzw. diese Zweisubstanzenlehre als spiritualistisches Missverständnis des Ausdrucks 'res cogitans' erwiesen. Auf diese Weise kann in den Blick geraten, dass es beides Mal um dieselbe 'res' geht, nämlich uns selbst. Denken als Tun zu denken bzw. zu bezeichnen ist zwar geläufig; auch Gedanken als Tätigkeiten aufzufassen wie 'das Winken' als eine bestimmte Bewegung dürfte dagegen für viele gewöhnungsbedürftig sein.
Auch Erinnerungen 'sind' so gesehen Taten oder Aktivitäten, genauso wie Vorstellungen und sogar Gefühle! Über die Vergegenwärtigung, dass wir aktivistisch ja auch von erinnern, vorstellen oder fühlen reden, kann man sich diese lediglich ungewöhnliche Sicht leicht zugänglich machen. Unsere auffälligerweise immer im Plural angeführten 'Gefühle' sind sogar ganz besondere Aktivitäten, zu denen wir deswegen auch immer 'gefühlsmäßige Reaktionen' sagen können, und für die wir im Deutschen deswegen auch allesamt Verben haben: sich freuen, ängstigen, aufregen, ärgern oder ekeln, trauern u.a.m. wie hoffen oder befürchten. Dass es sich dabei um wie immer ausgelöste angeborene Reflexe handelt, die als solche deswegen auch immer auf dieselbe Weise, d.h. nach demselben Schema 'ablaufen', auch wenn sie in höchst unterschiedlicher Intensität ausgelebt werden können (und manche wie Schauspieler sogar lernen, sie willentlich in Gang zu setzen), dürfte noch leicht einsehbar sein, weniger dagegen, dass wir mit diesen gefühlsmäßigen oder eben gefühlten Reaktionen automatisch bestimmte elementare Stellungnahmen von uns zu Erlebnissen und Erfahrungen abgeben (und lernen d.h. üben können, dies zu 'spielen'). Statt der o.g. traditionellen Ausdrücke haben wir im Deutschen einen viel treffenderen Ausdruck für das, um was es bei allem geistig-seelischen Geschehen 'eigentlich' geht, nämlich wenn wir von unserem 'Innenleben' sprechen. Dieses ist für uns im Wachbewusstsein prinzipiell jederzeit über unsere Selbstwahrnehmung zugänglich - auch dann, wenn wir nicht gleichzeitig von außen auch für andere sichtbare Bewegungen dazu machen. Anderseits 'drücken' solche Mitbewegungen unser Innenleben genauso wenig 'aus' wie man es durch 'in sich hinein sehen' oder sog. Introspektion beobachtet; dies sind lediglich bildliche oder metaphorische Ausdruckweisen für die mehr oder weniger aufmerksame und differenzierte Selbstbeobachtung, die nicht 'dem Auge', sondern nur der Selbstwahrnehmung zugänglich ist; hierfür haben wir im Deutschen die Bezeichnungen fühlen und spüren zur Verfügung (teilweise auch empfinden, ein Wort, das allerdings auch noch in anderen Zusammenhängen Verwendung findet).
Auch Wahrnehmungen sind deswegen Tätigkeiten, wie wir mit Verben wie sehen, hören und hinhören, lauschen, riechen, schmecken auch ausdrücken; selbst ein Wärmegefühl ist deswegen eine wenn auch subtile Tätigkeit, zu der wir denn auch immer gleichbedeutend sagen können, ich fühle Wärme... 'Wollen' ist hingegen trotz der Verbform dieses Ausdrucks kein eigentliches Tun, keine Tätigkeit; als Wort, mit dem wir andere darauf hinweisen, eine Entscheidung für etwas gefällt zu haben, bezeichnet es genau genommen die mit dieser Entscheidung vorgenommene Festlegung, die fachlich oft eine 'Disposition' genannt und im Deutschen am besten als 'Einstellung' bezeichnet wird. Die aktivistische Note bei der Auffassung, wollen sei ein Tun, kommt dadurch zustande, dass wir durch den Hinweis darauf, etwas - z.B. immer noch - zu wollen, evtl. auch sagen wollen, dass wir an der irgendwann vorher getroffenen Entscheidung weiter festhalten und die damit vorgenommene Einstellung oder Festlegung beibehalten (wollen...), also nicht geändert haben. Der Ausdruck vom 'einem Willen' ist dann nur die substantivierte Form der sprachlich als Verb gebrauchten Bezeichnung 'wollen' und deswegen gleichbedeutend mit 'eine Festlegung' oder 'eine Einstellung'.
(7) s. Helmut Mayer: "Mythologie des Gehirns Eine Kritik und ein Beispiel." Neue Züricher Zeitung Int. Ausg. v.13./14. 9. 2003 Nr. 212 S. 37 - hier (oder weiter unten im Text) oder hier; ds.: "Ach, das Gehirn Über einige neue Beiträge zu neurowissenschaftlichen Merkwürdigkeiten." In: Neue Rundschau 114(2003)4,172-180; mit dem Untertitel: "Über einige neue neurowissenschaftliche Publikationen" a. in: Christian Geyer (Hrsg.): "Hirnforschung und Willensfreiheit Zur Deutung der neuesten Experimente." Suhrkamp, Frankfurt 2004 (es 2387), S. 205-217, hier
(8) in Ihrem in Anm. (2) angeführten Interview
(9) Peter Janich: "Zwischen natürlicher Disposition und kultürlicher Lebensbewältigung. Kognitionswissenschaften und Menschenbild im Streit der Wissenschaftsverständnisse." In: Andreas K. Engel, und Peter Gold (Hrsg.): "Der Mensch in der Perspektive der Kognitionswissenschaften." Suhrkamp, Frankfurt 1998 (stw 1381), S.373-394
(10) Wolfgang Prinz: "Der Mensch ist nicht frei." Das Magazin 14(2003)2, S. 19 (Interview, S. 18-20) - siehe hier (Thesen zum Vortrag, der hier abrufbar ist); s. dem gegenüber Dirk Hartmann: "Willensfreiheit und die Autonomie der Kulturwissenschaften." In: Handlung, Kultur, Interpretation 1(2001)66-103, hier zu zu finden.
(11) Das Gehirn kann über die ihm über die verschiedenen Sinnesorgane zufließenden Impulse seinerseits als "erfahrungsgesteuert" angesehen werden (Anna Katharina Braun und B. Bogerts: "Erfahrungsgesteuerte neuronale Plastizität." In: Nervenarzt 72, 2001 S. 3-10). Paul B. Baltes und Frank Rösler betrachten das Hirn in ihrem Ansatz eines "biokulturellen Ko-Konstruktivismus" neuerdings als eine "Konstruktion von biologischer Prädisposition und kultureller Wirklichkeit" - nach Ulrich Schnabel: "Knetmasse der Kultur." In: DIE ZEIT 7/2005 S. 33 (hier) und hier.
(12) Christian E. Elger, Angela D. Friederici, Christof Koch, Heiko Luhmann, Christoph von der Malsburg, Randolf Menzel, Hannah Monyer, Frank Rösler, Gerhard Roth, Henning Scheich, Wolf Singer: "DAS MANIFEST" Gehirn & Geist 6/2004 S. 33 - hier; Text auch hier (mit links zu Kommentaren verschiedener Art dazu)
Willensfreiheit Dass bei dem Thema 'Willensfreiheit' um etwas ganz anderes geht als um das, was Hirnforscher in Abrede stellen, zeigt u. v. a. besonders detailliert der Text, der hier aufrufbar ist (oder auch hier).
"Information Philosophie" hat hier eine Reihe von Diskussionsbeiträgen nicht nur von Philosophen online gestellt (s. hier oder hier)
Mit online sogar aufrufbaren Mitschnitten ist hier ein Überblick über die Beiträge zu dem Kongress des Wissenschaftszentrums Nordrhein-Westfalen "Neuro2004 - Hirnforschung für die Zukunft" zu finden; s. insbes. die Ausführungen "Übermenschliche Freiheit" von Nida-Rümelin hier (dessen Diskussion mit Wolf Singer in der FR - alternativ: Frankfurter Rundschau - vom April 2004 ist hier online gestellt, aber auch hier bzw. hier oder hier zu finden).
Unter "Philosophie verständlich" wurde neuerdings hier ein Überblick über die Überlegungen online gestellt, die von Philosophen unter ihren eigenen Gesichtspunkten diskutiert werden. Eingehend werden solche auch hier diskutiert (Abstracts von Diskussionsbeiträgen dazu finden sich hier in einem online gestellten Programm einer Tagung vom Februar 2005); der entscheidenden Beitrag des Münchener Philosophen Thomas Buchheit zu dieser Diskussion ist hier online gestellt, hier ausführlicher und hier auf das Wesentlichste konzentriert dargestellt, wobei hier auch die Konsequenzen herausgestellt werden, die sich daraus für die Begründung der Psychologie ergeben.
Bisherige philosophische Reflexionen ergänzende Gesichtspunkte aus psychologischer Perspektive werden hier dargestellt (die Originalpublikation ist hier zu finden).
"Es ist tatsächlich nur ein sehr spezieller ... Freiheitsbegriff [bzw. spezielles, nämlich theologisch fundiertes Freiheitsverständnis!], der von der neueren Hirnforschung widerlegt wird." Zitat hier, (auch hier erreichbar, hier - und hier.
Siehe dazu jetzt auch:
Benjamin Libet: "Mind Time. Wie das Gehirn Bewusstsein produziert." Suhrkamp, Frankfurt 2005 S. 198 (im Abschnitt: Determinismus und Willensfreiheit, S. 193-199); s. dazu die Rez. - sowie hier und hier.
Ein Beispiel für eine pointierte journalistische Einschätzung 'der Hirnforschung'. Auch hier, hier, und. hier.
Interessant zur allgemeineren Information hier, hier, hier, hier und hier.
Aus dem Diskussionsforum zu
Respekt - Neujustierung - Logik und Methodik der Hirnforschung -
Naturalismus (Anthropologie) - Libet's Aussagen zweifelhaft (zum neuesten, jetzt a.
auf deutsch erschienenen Buch "Mind Time" von Benjamin Libet selbst) -
Wille als solcher - Freier Wille - dazu insbes. auch Neue Probleme? ('ubw') - Logik,
Methodik und freier Wille - Erinnerungen sind Taten - Bewusstsein -
ICH - Introspektion/Psychologie - Information und Sprache - Logik & Jaynes - (dazu
auch) - Jaynes
Literaturhinweise
Zur Vorbemerkung zum offenen Brief an Wolf Singer
Zum offenen Brief an Wolf Singer
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