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KEINE LUST OHNE TABUS Editorial
G&G Nr. 4/2008, S. 3
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Überall Sex Sex über alles, lautet die penetrante Botschaft in der morgendlichen Rushhour. Hinter den plumpen Domina-Plakaten einer regionalen Erotikmesse grüßt von einer Hauswand eine überdimensionierte Bierflasche, an deren Kurven sich ein Nacktmodel lasziv schmiegt. An der Bushaltestelle prangt in fetten Lettern der Slogan einer Boulevardzeitung: »Nein, ich bin nicht gekommen.« Unterzeile: »Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie ausspricht.« Soso ...
Intimität ist heute öffentlicher als je zuvor. Gleichzeitig schwindet offenbar die Lust, sie selbst zu praktizieren. Denn seit Jahren haben die Deutschen immer weniger Sex mehr als die Hälfte aller Paare nur noch einmal im Monat; Singles tun »es« im Schnitt noch seltener. Zum Auftakt unserer neuen Serie »Sexualität im 21. Jahrhundert« erklärt der Heidelberger Psychologe Peter Fiedler, warum die Liebe es schwer hat in einer Gesellschaft ohne erotische Tabus (ab S. 46). Dazu beleuchtet er den Wandel unserer sexuellen Gewohnheiten: Während sich die Unlust in Deutschlands Betten breitmacht, entwickelt sich Masturbation von einer Ersatzbefriedigung zu einer gleichwertigen Sexualpraktik. Junge Erwachsene entdecken Treue als Wert in Beziehungen neu. Und anders als noch vor einer Generation geht die Initiative zum Sex mittlerweile meist von Frauen aus.
Die Serienteile der nächsten Hefte widmen sich den neuesten Erkenntnissen über unser wichtigstes Sexualorgan, das Gehirn (Heft 5/2008) sowie den Motiven und Fantasien von Freiern (6/2008): Etwa jeder fünfte deutsche Mann, so schätzen Prostitutionsforscher, bezahlt für sexuelle Kontakte wobei auch hier die Zahlen sinken. Die weiteren Themen: Ursachen und Behandlung von Fetischismus (7-8/2008), Sexsucht und Internetpornografie (9/2008) sowie die Therapie sexueller Störungen in der Partnerschaft.
Herzlich Ihr
Carsten Könneker
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