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Gehirn - Geist / Gehirn & Geist Ausgaben / Jahrgang 2005 / 4/2005 / G.Nur ein wenig anders
 

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Nur ein wenig anders
 Trisomie 21 wurde lange Zeit mit Schwerbehinderung gleichgesetzt und bedeutete lebenslange Abhängigkeit von anderen. Doch heute weiß man: Werden die Kinder früh gefördert, dann entwickeln sie sich zu eigenständigen Persönlichkeiten. Von Ingelore Möller

Gehirn & Geist Nr. 4/2005 S. 56 bis 61

Das Urteil der Ärzte war niederschmetternd: Als »abartige Lebensform « galten Menschen mit der Erbkrankheit Trisomie 21. Ihr Verhalten sei bestimmt durch »einen groben Schwachsinn sowie ein schalkhaftes, munteres Wesen, das stets zu Streichen bereit ist«, konstatierte noch 1969 das »Enzyklopädische Handbuch der Heilpädagogik« kühl.

Eine Integration in die Gesellschaft, ein selbstbestimmtes Leben hatte auch John Langdon Down (1828 – 1896) ausgeschlossen. Der englische Arzt gründete in der Kleinstadt Teddington bei London ein Heim für geistig behinderte Kinder und befasste sich eingehend mit deren Symptomen. Er versuchte, geistige Behinderungen nach ethnischen Gesichtspunkten einzuteilen, und fügte 1866 seinen eher klein gewachsenen Schützlingen mit ihren kurzen Fingern, dem rundem Gesicht sowie den typischen schmalen Lidspalten ungewollt ein weiteres Stigma zu, als er für sie den Begriff »Mongoloid Idiocy« fand.

Down lieh der Krankheit seinen Namen, deren genetischer Hintergrund erst ein Jahrhundert später erkannt werden sollte: 1959 entdeckte der französische Kinderarzt Jérome Lejeune (1926 – 1994), dass bei den Betroff enen eines der 23 Chromosomen – das mit der Nummer 21 – nicht wie sonst üblich doppelt, sondern in dreifacher Ausfertigung vorhanden ist (siehe Kasten S. 58).

Erst in den letzten Jahren hat sich das Bild von Menschen mit Trisomie 21 gewandelt, wie auch ein Blick in die ARDEndlosserie »Lindenstraße« zeigt. Hier kam 1999 »Würfel« zur Welt, und das Sorgenkind hat sich vor den Augen der Fernsehnation zu einem properen Jungen entwickelt – ganz unspektakulär und voll akzeptiert im Familienalltag der »Beimers«. Für Psychologen, Mediziner und Heilpädagogen steht heute längst fest: Die
Diagnose »Down-Syndrom« bedeutet keineswegs, dass ein betroff enes Kind im Leben keine Chancen haben wird – vorausgesetzt, es wird frühzeitig gefördert. Die meisten Kinder mit Trisomie 21 lernen lesen und schreiben; manche verfassen später sogar Bücher oder machen eine Zeitung – wie das von der Werkstatt für Kultur und Wissenschaft in Bonn betreute Magazin »Ohrenkuss«. Viele junge Erwachsene können allein leben und arbeiten
in den verschiedensten Berufen: in Hotels, in Kindergärten oder auch in den Medien – wie etwa der Schauspieler Bobby Brederlow, der 2004 das Bundesverdienstkreuz erhielt.

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