Süddeutsche Zeitung
Überfall in der U-Bahnstation
„Sich einzumischen - gemäß der Aufforderung des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog in seiner „Ruck.Rede vor zwei Jahren ist für den einzelnen Bürger immer mehr ein lebensbedrohliches Risiko. Jedenfalls solange dieser einzelne und mutige Bürger bei seinem Einsatz von den Mitbürgern im Stich gelassen wird. So haben es, wie berichtet, mehrere Leute in der U-Bahn miterlebt, wie der später überfallene Rentner von den zwei Burschen bespuckt und beleidigt wurde. Auch ich, ebenfalls Rentner, habe noch nie ein zustimmendes Nicken, geschweige denn sprachliche Unterstützung erhalten, wenn ich Jugendliche im U-Bahnbereich gebeten habe, nicht zu rauchen oder die Füße von den Sitzen zu nehmen. Im Fernsehen wird ja meistens auch nur gezeigt, wie ein Mensch von mehreren Leuten zusammengeschlagen wird und nicht, wie ein Einzelner andere auffordert mitzutun und alle gemeinsam durch lautes Reden oder sogar Schreien dem Angegriffenen zu Hilfe zu kommen. Der bzw. die Störer müssen sehen, dass das Opfer nicht allein ist. Einer muss aber den Anfang machen und je mehr mitmachen um so wirksamer ist die Aktion. Es sollte üblich werden, dass ein Opfer nie lange allein bleibt.
Und wo war einer der vielen Handy-Besitzer, die man sonst kaum ohne das Gerät am Ohr laufen und sitzen sieht? Kam da keiner auf die Idee, die Polizei zu verständigen und in der U-Bahnstation die Situation weiterzuverfolgen? Das Jammern über die Zunahme der Kriminalität ist pure Heuchelei, wenn der Nachbar Augen und Ohren schließt, um „seine Ruhe zu haben. Wie sollen Jugendliche die so oft vermisste Zivilcourage lernen, wenn sie in kritischen Situationen nur eingezogene Köpfe der Erwachsenen erleben?
Ich werde es mir künftig gut überlegen, ob ich das Risiko einer lebensbedrohlichen Verletzung in Kauf nehme, „nur, weil ich für die Einhaltung von allgemeinen Regeln in der Gesellschaft werbe und als Angegriffener keine Hilfe erhalte.
Ulrich Werner, 25.12.2007
Abendzeitung
„Junge Täter wegsperren Bayerns Justizministerin Beate Merk will schärferes Jugendstrafrecht
Bayerns Justizministerin Beate Merk steht mit ihrer Forderung nach härteren Strafen für jugendliche Gewalttäter brav in der Reihe ihrer Kollegen aus den christlichen Parteien. Pikanterweise widerspricht sie damit ihrer Aussage in einem Interview mit dem Spiegel. Darin hat sie auf Anfrage eingeräumt: „In Bayern werden polizeibekannte Täter natürlich nicht zu milde bestraft.
Der regelmäßig angestimmte vielmundige Ruf aus dem christlichen Lager nach härteren und längeren Strafen wird durch die Erkenntnisse der forensischen Pädagogik überhaupt nicht gedeckt. So lehnt auch Christian Pfeiffer, Kriminologe und Experte für Jugendstrafrecht entsprechende Maßnahmen als „teure Illusion ab. Höhere Strafen haben erwiesenermaßen keinen Abschreckungseffekt, nicht einmal die Todesstrafe. Christian Wulff wirbt wenigstens noch für „Integration und Prävention.
Statt mit der Strafkeule zu drohen sollte vorrangig versucht werden, Jugendliche schon während des Heranwachsens so zu betreuen, dass sie nicht straffällig werden. Die hierfür Verantwortlichen überbieten sich seit vielen Jahren gegenseitig mit Imperativen, „wir müssen, „wir sollten uns mit den Jugendlichen vor ihrer ersten Straftat beschäftigen. Getan wird nicht viel. Jugendliche brauchen Ausbildung und berufliche Aussichten. Pfeiffer: „Statt Gefängnisse bessere Schulen. Dann wird strafen unnötig. Längere Strafen haben zu selten die Resozialisierung bewirkt, eher Verbitterung, und den Vorsatz gestärkt, sich das nächste Mal nicht erwischen zu lassen.
Fazit: „Sünder immer härter zu bestrafen, ist weder christlich noch sozial noch pädagogisch angemessen, nicht zuletzt unwirtschaftlich.
Ulrich Werner, 02.01.2008
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