Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für die Übersendung der ersten Lieferung.
Im Beiheft mit dem Titel „Knigge 2005 Was ist neu, was ist veraltet stellen Sie bei der mündlichen und schriftlichen Anrede den Doktorgrad als pflichtgemäßen Zusatz hin. Dies ist nicht nur nach Gesetzeslage (BGH: akademische Grade sind kein Bestandteil des Namens), sondern auch nach ständiger Übung in der Gesellschaft, von Ausnahmen in kleinbürgerlichen Kreisen abgesehen, unüblich geworden. Es besteht auch kein Anspruch darauf. Erst recht ist die akademische Verzierung beim Ehrendoktor überflüssig. Wenn Sie alle geehrten damit ehren wollten, müßten bspw. auch Nobelpreisträger und Ehrenbürger ständig damit angeredet werden.
Ich nehme an, daß auch im Hauptteil analoge Aussagen stehen. Wegen falscher Seitenangabe im Inhaltsverzeichnis (E75/13) ist das z. Zt. nicht feststellbar.
Sicher nehmen Sie bei den Empfehlungen für die Anrede auch Rücksicht auf Stil und Höflichkeit. Letztgenannte kann nicht oft genug ausgedrückt werden. Ob hierfür die Nennung von akademischen Graden und Titel geeignet ist, möchte ich bezweifeln. Es gibt zu viele strittige Methoden für den Erwerb dieser Verzierungen, die meistens nur der Eitelkeit dienen. Haben nicht alle Menschen das Recht auf Respekt und Höflichkeit? Dies sollte in Gestik und Sprache zum Ausdruck kommen und nicht von der Erwähnung von Graden und Titeln abhängen. Die akademischen „Verzierungen eines Menschen sagen nichts über Art des Erwerbs und die Leistung für den Erwerb und vor allem über den Charakter des Gradträgers aus. Mit der von Ihnen empfohlenen Praxis entziehen Sie auch denen die ihnen auf Grund der akademischen Leistung eigentlichen gleichfalls zustehende Höflichkeit, nämlich den erfolgreichen Akademikern, die nicht promoviert wurden. Und wie erkennen Sie akademische Grade, die auf „eigenartige Weise oder in der Würzburger Doktorfabrik erworben worden sind? Offenbar ist ihnen auch nicht bekannt, daß viele Ehrendoktortitel durch Spenden erworben, also gekauft worden sind.
Meine Höflichkeit bezeuge ich den von mir nur mit dem Namen Angeredeten dadurch, daß ich sie als Mensch achte und bspw. in einem Gespräch dadurch, daß ich mich für ihre Dissertation interessiere. Die im allgemeinen längst überholte Sitte, den akademischen Grad ständig zu erwähnen, trägt auch zu Vorurteilen bei, wie ich es ausführlich in meiner Homepage zu akademischen Graden dargelegt habe.
Ich finde es bedauerlich, daß „Stil & Etikette, das vor vielen Jahren bereits erstmals herausgegeben wurde, sich wieder nicht von den Zöpfen vergangener Zeiten trennen konnte.
Mit freundlichen Grüßen Ulrich Werner
Einführung Stil & Etikette 1992 - 2005
Die Chefredakteurin antwortet.
Die Antwort an die Chefredakteurin
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