Sehr geehrte Damen und Herren,
Mein Vorschlag für das Unwort des Jahres (von Jahr zu Jahr drindender) lautet:
"davon ausgehen"
Begründung:
Das genannte (erweiterte) Verb ausgehen wird seit geraumer Zeit vorwiegend anstelle von „annehmen verwendet. Damit wird Wissen vorgetäuscht, obwohl Unwissen vorliegt. Die Fehlinformation wird dadurch bestätigt, daß die notwendigen Folgerungen analog dem „StartZiel-Prinzip nicht angegeben werden.
Beispiel aus einem der fast täglichen Polizeiberichte:
Die Polizei geht (bei einem Häuserbrand) von Brandstiftung aus. Diese Aussage erfolgt in der Regel ohne Kenntnis der Ursache. Tatsächlich wird die Brandstiftung vorerst nur angenommen (vermutet), und zwar so lange, bis weitere Ursachen wie Blitzschlag, Kurzschluß, Überhitzung und Explosion ausgeschlossen werden müssen. Erst dann können sich die Ermittlungen, ausgehend von Brandstiftung, auf diesen Verdacht richten.
Die Ausgeh-Floskel wurde von Politikern unters Volk gebracht und von ihm gedankenlos übernommen. Der Drang, sich unklar und schwammig auszudrücken, kommt täglich vielmals und vielfach in Wort und Schrift zum Ausdruck.
Weitere Verben, die durch „davon ausgehen mißbräuchlich ersetzt werden, sind:
erwarten, glauben, meinen, hoffen, unterstellen, der Ansicht sein, die Meinung vertreten, voraussetzen, schätzen, betragen, damit rechnen, befürchten, behaupten, bekannt geben, sagen, mitteilen, vorhersehen, vorausblicken, zum Ergebnis kommen. für wahrscheinlich halten, erbitten, folgern, feststellen, handeln in der Erwartung, daß, denken, empfehlen, erhoffen, vermuten, daraus schließen, die Meinung vertreten, erforderlich sein, befürchten, schätzen, voraussagen, wissen, darauf bauen, sicher sein, überzeugt davon sein, als wahrscheinlich ansehen, gewiß sein, sich verlassen auf, so handeln, als ob, den Eindruck gewonnen haben, vertrauen auf
Die Ausgeh-Floskel erhöht nicht nur die Zahl schwammiger Ausdrücke, sondern mindert die Klarheit und die Differenzierungsmöglichkeit der deutschen Sprache.
Zur Ausgeh-Seuche
Ich gehe davon aus - von Klaus Peter Schreiner - Kabarettist und Autor, jahrelang Haupttexter der "Münchner Lach- und Schießgesellschaft"
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