100. Sitzung des Bundestages am 24.5.2007:
In der Aussprache über das Paßgesetz sagte der SPD-Abgeordnete Frank Hofmann (Volkach) mit geradezu entwaffnender Offenheit: "Auf besonderen Wunsch der CDU/CSU und des Bundesrates bleibt der Doktorgrad entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung weiterhin in den Pässen und Personalausweisen eingetragen, selbst wenn dies international unüblich ist, zu Irritationen im Reiseverkehr führt und eine Gelegenheit zum Bürokratieabbau verschenkt wird. Ich sage hierzu nur: Habemus doctores."
Hofmann hätte auch sagen können: „Habemus et sumus ignorantes (homini rudis).
Klarer kann ein Mitverantwortlicher das Versagen der Bundesregierung und der zuständigen Abgeordneten nicht zugeben.
Hofmann verschwieg eine Vielzahl von Gründen, die nicht nur von der Bundesregierung selbst in der Begründung für ihren Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Paßgesetzes erörtert hat, sondern auf die auch der Innenausschuß, der Rechtsausschuß, die Fraktionsvorsitzenden und zahlreiche Abgeordnete mit ausführlichen Erläuterungen hingewiesen worden sind:
Aus dem Entwurf der Bundesregierung:
Forderung der Länder und aus dem gesellschaftlichen Bereich, die Eintragung des Doktorgrades abzuschaffen;
Die Prüfung der Eintragbarkeit ausländischer Grade wird erschwert;
Änderung bedeutet Anpassung an internationale Gepflogenheiten;
Schwierigkeit, die Gleichwertigkeit ausländischer Grade mit dem deutschen Doktorgrad festzustellen;
Es fehlt die Sachkunde beim Beurteilen im Ausland erworbener akademischer Grade;
Weder der Doktorgrad noch der Künstler- oder Ordensname ist für die Identifizierung einer Person anhand des Ausweises notwendig; Bürokratieabbau durch Verminderung des Verwaltungsaufwandes;
Eintragungen (von Doktorgrad, Künstler- und Ordensnamen) sind weder im ICAO (International Civil Aviation Organization), der auch Deutschland angehört, vorgesehen noch in der Entschließung der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften vom 23. Juni 1981 über die einheitliche Gestaltung des Passes.
Aus Schreiben an die Regierung, an den Innenausschuß, den Rechtsausschuß, die Fraktionsvorsitzenden und zahlreiche Abgeordnete:
der Doktorgrad ist kein Bestandteil des Namens und gehört nicht in die Namenszeile,
ein Hochsicherheitsdokument wird für erkennungsdienstfremde Angaben mißbraucht,
der Gleichheitsgrundsatz wird verletzt,
die Bundesregierung fördert den Titelhandel,
die zwei Buchstaben D und r sagen wenig aus und deuten viel an,
Vorurteile über Wissen, Leistung und Können werden erhalten und gefördert,
ein Leistungs-Einzelfall wird lebenslang hervorgehoben oder vorgetäuscht und
der Paß dient als Ersatztherapeut für Komplexträger.
Der Mißbrauch des Passes zum Verbreiten von akademischem Weihrauch nach deutscher Art als internationale Lachnummer erhält besonders dadurch eine besonders pikante Note, daß Deutschland in den Pisastudien keine dem Ansehen der Denkernation angemessenen Ergebnisse erzielt hat.
Siehe auch
Internationale Lachnummer: Dr. Deutschland - Deutschland mißbraucht ein Hochsicherheitsdokument (den Paß) zum Verbreiten von akademischem Weihrauch - Hü und hott mit dem neuen Paßgesetz
Leserbrief in die SZ zur Internationalen Lachnummer
Dr. Becksteins Titelkampf - Ein Vorstoß ins Mittelalter
|