Musik der Quanten bild der wissenschaft 10/2002
Gelänge es, einen Quantencomputer zu bauen, ließen sich damit viele Berechnungen millionenfach beschleunigen: Zwar eignet er sich nicht unbedingt als Ersatz für die heutigen PCs, aber als sicher geltende Codes könnten im Handumdrehen geknackt werden, Datenbanken könnten blitzartig durchsucht werden, der Aufbau integrierter Schaltungen ließe sich ebenso optimieren wie die Reiserouten eines Handelsvertreters und vieles mehr. Doch wie würde so ein Super-computer funktionieren?
Anders als die heutigen Rechner verarbeitet ein Quantencomputer Informationen nicht als Bits, die eindeutig als 0 und 1 definiert sind. Statt dessen nutzt er so genannte Quantenbits (Qubits), die bei einer Messung als 0 oder 1 in Erscheinung treten, aber, solange sie nicht gemessen werden, in einer beliebigen Überlagerung dieser Werte existieren. In der Musik wäre ein Bit etwa vergleichbar mit einem reinen Ton, während ein Qubit eher einen Akkord darstellt.
Die Verwendung von Qubits hat zwei wesentliche Vorteile: Anders als ein herkömmlicher Computer befindet sich ein Quantencomputer in allen möglichen Zuständen gleichzeitig - bei 5o Qubits wären das 2 hoch 50 Werte, wofür ein heutiger Rechner einen Speicher von etwa 128 000 Gigabyte bräuchte. Mehr noch: Auch die Berechnungen führt ein Quantencomputer an allen Zuständen gleichzeitig durch. Dabei beeinflussen sich idealerweise die Qubits derart gegenseitig, dass das korrekte Resultat schließlich mit der höchsten Wahrscheinlichkeit am Ende als Ergebnis gemessen werden kann - die Physiker nennen das Verstärkung durch konstruktive Interferenz. In der Musik entspräche eine solche Berechnung etwa einer Sinfonie, bei er im Lauf der Zeit ein bestimmtes Zusammenspiel der Streichinstrumente immer klarer in den Vordergrund tritt.
Doch so nützlich ein Quantencomputer wäre, so schwierig ist seine Realisierung. So müssen die Qubits durch Quantenobjekte - etwa die inneren Zustände von Atomen oder lonen - präsentiert werden, die erstens möglichst keine Störung durch die Umgebung erfahren, zweitens unter-einander aber in enger Wechselwirkung stehen und sich drittens zugleich vom Experimentator präzise kontrollieren und detektieren lassen. Die Vorschläge für Quantencomputer reichen von Molekülen in Flüssigkeiten - mit einer Kopplung der Drehimpulse ihrer Atomkerne - über lonenfallen bis zu genau positionierten ultrakalten Atomen in Atomchips. Demonstriert wurden bislang jedoch nur die rudimentärsten Anfänge eines Quantencomputers. bild der wissenschaft 10/2002
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