SZ-Leserforum, 2. Leserbrief
Zum Artikel „Vorne ohne am 16.10.2013, S.1
Ende des Jahres 2011 wollte ein stolzer Vater und (wahrscheinlich auch stolzer) Doktor der Medizin) mit den üblichen zwei Buchstaben in des Geburtenregister eingetragen werden. Wolfgang Janisch (SZ vom 16.10.2013) nennt sie „prestigefördernden Buchstaben. Das Standesamt weigerte sich, das Oberlandes-gericht in Nürnberg gab der Beschwerde des Vaters statt. Schließlich hob der Bundesgerichtshof das Urteil endgültig auf. Begründung: Seit einer Gesetzesänderung im Jahre 2009 ist die Eintragung des Doktorgrades weder im Geburten- noch im Ehe- oder Lebenspartnerschaftsregister vorgesehen.
Ende 2012 scheiterte auch eine Witwe im Oberlandesgericht Karlsruhe mit Ihrem Antrag, die akademischen Grade ihres verstorbenen Mannes (Dr. med. und Dipl.-Ing.) ins Sterberegister eintragen zu lassen. Janisch sieht in der geänderten Eintragspraxis akademischer Grade ein Zeichen für das Verblassen des Glanzes des Doktorgrades in den vergangenen Jahren, „woran die diversen Plagiat-Affären schuld sind. Auffällig ist aber, dass der Dr.-Eintrag im Melderegister und damit nach wie vor im Personalausweis und im Reisepass möglich ist, obwohl sowohl der BGH als auch das Bundesverwaltungsgericht schon vor mehr als 50 Jahren festgestellt haben, der Doktorgrad sei kein Namensbestandteil.
Janisch erinnert an die immer wieder erfolglosen Bemühungen von Bürgern und sogar aus Regierung und Parlament, den „bürgerlichen Adelstitelaus den Dokumenten streichen zu lassen, vermutlich „in Verkennung der psychischen Befindlichkeit ihrer akademischen Klientel und Mitbürger. Wie lautet eine Volksweisheit? Je kleiner der Geist, desto wichtiger der Titel.
So wichtig wie das Ergebnis des Gerichtsverfahren dürfte der Hinweis von Janisch sein, dass die akademisch Dekorierten keinen Anspruch auf die Anrede mit „Doktor haben. Der Deutsche Knigge-Rat wirbt emsig für die Anrede mit Titeln, aus Höflichkeit. Doch der berühmte Adolf Freiherr Knigge hatte sich nicht mit Titeln befasst, sondern mit dem Verhalten der Menschen untereinander. „Der Doktor ist den Deutschen offenbar ans Herz gewachsen, und zwar, wie die Praxis zeigt, nicht nur als Träger, sondern auch als Verehrer. Daran dürfte der erwähnte Aufruf im BASF-Konzern nichts ändern, auf Titel im Betrieb zu verzichten.
Ulrich Werner am 22.10.2013 .
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