Mit der Erlaubnis, den Doktorgrad tragen und ihn vor dem Namen anzugeben, ist der Herr Doktor sein Leben lang akademisch dekoriert. Die näheren Umstände des Titelerwerbs sind in der Regel unbekannt. Die verwendete Abkürzung (Buchstaben D und r) sagt nur wenig über Art und Qualität der Leistung aus, die zur Erlangung der Doktorwürde notwendig war. Der verstümmelte Doktorgrad läßt nicht einmal das Sachgebiet erkennen, das durch die angeblich besondere „wissenschaftliche Leistung" bereichert worden ist. Dennoch verliert die akademische Verzierung bis zum Lebensende kaum an Glanz. Auch außergewöhnliche Leistungen zum Erlangen der Doktorwürde verblassen nach zehn, zwanzig und mehr Jahren. Man muß sich wundern, daß die Vertreter und Bewahrer deutscher Traditionen noch nicht auf den Gedanken gekommen sind, den Doktorgrad zu vererben. Tja die Tradition, speziell die in Bayern gehütete. Hatte doch der katholische Männerverein Tuntenhausen der CSU noch vor 30 Jahren den zweiteiligen Badeanzug abschaffen wollen (DER SPIEGEL 23/2007, S. 58).
Das Paßdokument wird von denjenigen als Leistungsbeweis mißbraucht, die außer ihrer Dissertation mit unbekanntem und nicht selten geringem Wert in ihrem späteren Leben keine anerkennenswerten Leistungen mehr vorweisen können. Sie brauchen den Paßeintrag, um ihr Selbstbewußtsein zu stärken.
In den Büchern von Achim Schwarze über die „Dünnbrettbohrer in Bonn" kann sich jedermann über diese "besonderen wissenschaftlichen Leistungen" der Politiker in Bonn informieren. Oft reicht auch schon eine Sammlung von Floskeln und inhaltsleeren Allgemeinheiten aus, um einen Doktorgrad als respektfordernde Verzierung des Namens zu erhalten. Selbst der Bruch des Amtseides eines Bundeskanzlers konnte nicht bewirken, daß ihm die akademische Würde aberkannt wurde, was bei einem derart gravierenden Vergehen möglich ist und angebracht gewesen wäre. Wenn alle "besonderen wissenschaftlichen Leistungen" wie die bspw. von Nobelpreisträgern, Erfindern und Wissenschaftlern aller Gebiete ihren Niederschlag im Paß finden sollten, dann wäre ein Beiblatt für den Paß erforderlich.
Selbstbewußte Promovierte legen häufig keinen Wert auf ihren „Titel; von vielen ist ihr akademischer Grad nicht oder kaum bekannt.
Herr Beckstein, promovierter Jurist und designierter Ministerpräsident von Bayern, hat es abgelehnt, seine Dissertation auf meiner Webseite zu veröffentlichen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Siehe auch
Internationale Lachnummer: Dr. Deutschland - Deutschland mißbraucht ein Hochsicherheitsdokument (den Paß) zum Verbreiten von akademischem Weihrauch - Hü und hott mit dem neuen Paßgesetz
Leserbrief an die SZ zur Internationalen Lachnummer
Leserbrief zum Leserbrief an die SZ
Antwort auf den Leserbrief zum Leserbrief
Der Ablauf der Lachnummer:
1. Deutschland auf dem Weg in die Moderne? Fliegt der Doktor aus dem Paß?
2. Auszug aus BT-Drucksache 16/4138 vom 29. Jan. 2007
3. Eitelkeit siegt über Vernunft - Statt Verwaltungsabbau Weihrauchverbreitung
4. Deutschland auf dem Weg in die Kleinkaro-Republik - Der Doktor bleibt im Paß
5. Der letzte Akt, eine Formsache: 100. Sitzung des Bundestages
6. Auszug aus BT Protokoll der 100. Sitzung
7. Die Ignoranz der doctores ist nicht zu überbieten - Die Vernunft wurde durch akademischen Weihrauch vernebelt
8. Der Doktorgrad ist kein Bestandteil des Namens und gehört nicht in die Namenszeile eines Ausweises
9. Der Doktorgrad ist kein Identifizierungsmittel - Ein Hochsicherheitsdokument wird als Visitenkarte mißbraucht
10. Der Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 GG) wird verletzt
11. Die Bundesregierung fördert den Titelhandel
12. Die zwei Buchstaben "D" und "r" sagen wenig aus und deuten viel an
13. Vorurteile über Wissen, Können und Leistung werden erhalten und gefördert
14. Ein Leistungseinzelfall wird lebenslang bestätigt oder vorgetäuscht
15. Der Paß dient als Ersatztherapeut für Komplexträger
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