In einer älteren Ausgabe des Duden wird beim mehrfach vorbestraften Sittlichkeitsverbrecher "mehrfach" verharmlosend als saloppe Wendung anstelle von "mehrmals" bezeichnet. Im Hinblick auf den krassen Unterschied zwischen "mehrfach" und "mehrmals" liegt darin eher ein salopper Umgang mit der Sprache. Die Erläuterungen zu den Wortkombinationen mit "mehrfach", wo teils richtige, teils falsche Definitionen angegeben sind, bestätigen das harte Urteil. So sind Mehrfach-Versicherungen im angeführten Sinne durchaus üblich. Eine Verpackung kann man zwar mehrfach benutzen, wenn man in ihr z.B. ein Buch und eine Flasche verschickt. Aber gemeint ist offensichtlich eine Verpackung, die mehrere Male (also nacheinander) benutzt werden kann und soll. Dann ist sie allenfalls eine Mehrmalsverpackung, wenn die ausführliche Angabe mehrmals verwendbare Verpackung vermieden werden soll.
Das Wort "mehrfach" bildet augenscheinlich Fortsetzung und Ende der Wortreihe: einfach (im Sinne von leicht ausgenommen), zweifach, dreifach... mehrfach (vielfach), wobei die Silbe "fach" auf das Fach bspw. einer Truhe hinweist. Die Gegenstände sind dann (gleichzeitig( in verschiedenen Fächern der Truhe gelagert. Auch die Verbindung mit dem Begriff Ausfertigung, z. B. "in dreifacher Ausfertigung" weist auf das wesentliche Kriterium der Wortreihe und damit auch des Wortes "mehrfach" hin, der Gleichzeitigkeit des Geschehens.
Diesem für die gen. Bereiche (Rechtswesen, Naturwissenschaften und Technik) bedeutsamen Sachverhalt widerspricht es, "mehrfach" mit "mehrmals" gleichzusetzen. Das gilt auch für den Nachfolgeband in 1997 (S. 510), worin andererseits sogar ausführlich zum Thema "Wiederholung" Stellung genommen wird. Zum Erläutern der Groß- oder Kleinschreibung von Mal (=Zeitpunkt) sind eine Vielzahl von Beispielen aufgeführt (dieses Mal, das letzte Mal, einige Male, tausend Male), die alle klar erkennen lassen, daß jedes "Mal" zu einem anderen Zeitpunkt stattfindet (499,500). Kein einziges Mal ist auch nur andeutungsweise "mal" mit "fach" gleichgesetzt, etwa "Dutzend Male" mit "dutzendfach".
Und um die Verwirrung komplett zu machen, in der Grammatik von 1998 (S. 277) fehlen die Wiederholungszahlwörter völlig.Die seit Jahrzehnten unbewältigten Probleme des Duden mit den unbestimmten Zahlwörtern blieben nicht ohne Rückwirkung auf das Sprachgeschehen. Auch hier scheint der Duden auf beiden Augen blind zu sein. Beim Zählen der Wörter müßte ihm doch aufgefallen sein, mit welcher Unbeständigkeit und Unregelmäßigkeit die unbestimmten Zahlwörter "mehrfach"/"mehrmals" verwendet werden. Statt daraus Konsequenzen zu ziehen und diesem Wirrwarr entgegenzuwirken, verschanzte er sich weiter in der Burg des Dokumentierens und verunsichert nach wie vor die Leser, so auch in seinen neuesten Ausgaben mit seinen widersprüchlichen Erläuterungen. Der Einfluß der sehr oft benötigten Zahlwörter auf die mitzuteilende Information ist so gravierend, daß sich der Verdacht aufdrängt,
der Duden, "die Instanz für die deutsche Sprache"
betreibe mit der Nichtbeachtung des Bedeutungsunterschiedes eine vorsätzliche, mindestens fahrlässige Verunsicherung der Deutschsprechenden. Die in den Wörterbüchern geradezu starrsinnig dargelegte Sinngleichheit ist schon kein semantischer Purzelbaum mehr, sondern ein mehrmaliger (nicht mehrfacher) Salto mortale. Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß niemand der jeweils zuständigen Redakteure einen Unterschied darin sieht, ob sie einen Brief mit Kopien, also mehrfach erhalten oder den (wort)gleichen Brief einmal heute, einmal morgen und einmal übermorgen, also dreimal oder mehrmals.
Die Reihe einmal, zweimal, dreimal, ......, kann nur mit mehrmals (vielmals) fortgesetzt werden und nicht mit mehrfach. Mehrfach bildet das Ende der Reihe einfach, zweifach, dreifach, ....
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